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Geschenke erhalten die Loyalität

Von Konstanze Walther

Politik

Venezuelas Präsident Maduro hat dem Militär hochrangige Staats- und Managementaufgaben zugeschanzt.


Caracas. Venezuelas Verteidigungsminister, Generalmajor Vladimir Padrino Lopez, stellt wieder einmal mehr klar: Das Militär wird keinen Präsidenten akzeptieren, "der von dem Schatten obskurer Interessen installiert wurde" und sich, "am Rande des Gesetzes selbst ausgerufen" hat.

Offiziell steht der Generalstab also hinter dem Langzeitpräsidenten Nicolas Maduro. Und nicht hinter dem Parlamentspräsidenten Juan Guaido, der sich zum Interims-Präsidenten erklärt hat.

Für die Loyalität des Militärs gibt es handfeste Gründe. Maduros Vorgänger, Hugo Chavez, war selbst Offizier. Maduro hingegen musste sich des Rückhalts der obersten Militärführer weiter versichern. Er tat, was Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi nach der Entmachtung der Muslimbrüder in Ägypten gemacht hatte: Maduro stattete das Militär mit politischem und wirtschaftlichem Einfluss aus.

Die venezolanische Ministerriege ist inzwischen voll mit Generälen. Auch die wichtigen Häfen unterstehen Militärs. Die Erdölindustrie inzwischen ebenso. Das Kronjuwel Venezuelas, der staatliche Erdölkonzern PDVSA, unterstand früher einem Chemiker. Jetzt leitet ihn ein Offizier. "Um mit der Korruption aufzuräumen", hieß es. Unter diesem Vorwand sickerten Militärs auf allen Ebenen sämtlicher Staatsbetriebe ein.

Die Frage der Legitimität

Abseits von den hohen Posten ist das Militär gespalten. Die Frage, wer das demokratisch legitimierte Staatsoberhaupt ist, kann niemand mehr so einfach beantworten. Juan Guaido ist zumindest vom Parlament zum Vorsitzenden bestimmt worden, und das Parlament ist im Dezember 2015 vom Volk gewählt worden. Die Opposition hat darin klar die Mehrheit. Aber als das Parlament ein Referendum zur Absetzung Maduros betrieben hatte, entmachtete der Präsident die Volksvertretung – indem er eine neue Volksvertretung erschuf. Die sogenannte "Verfassungsgebende Versammlung" wurde mit Maduro nahestehenden Gruppen (etwa aus den Gewerkschaften) bestückt.

Und als sich Maduro im Mai vergangenen Jahres wiederwählen ließ (und diesen Jänner nun offiziell seine zweite Amtszeit antrat), gab es große Zweifel an dem Wahlergebnis. Zahlreiche Staaten und internationale Organisationen sprachen von einem undemokratischen Wahlprozess und erkannten das Ergebnis nicht an. Die Opposition ist ausgedünnt, prominente oppositionelle Politiker sind teils im Gefängnis, teils im Exil und zum Teil von der politischen Teilhabe per Gerichtsbeschluss ausgeschlossen worden.

Diejenigen Militärs, die Bedenken gegen Maduro haben, werden zum Verstummen gebracht. Im Mai 2017 sind etwa nach Angaben der Opposition 85 Offiziere festgenommen worden. Kurz darauf war erneut wieder von einem möglichen Militäraufstand gegen Maduro die Rede.

Auch jetzt hatte Anfang der Woche eine Gruppe Armeeangehöriger einen Aufruf zum Widerstand gegen Maduro veröffentlicht. Die Nationalgardisten wurden festgenommen.

Das Misstrauen hat einen Grund: Der verstorbene Hugo Chavez hatte als Militär 1992 versucht, sich an die Macht zu putschen. Das allerdings erfolglos, doch später wurde er vom Volk gewählt. Chavez rief den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" aus, doch die Sozialpolitik konnte nicht davon ablenken, dass seine Regierung zunehmend repressivere Züge annahm. Eine Entwicklung, die unter Maduro darin kulminierte, dass die Gelder für die Sozialprojekte ausgehen – eine Entwicklung, die durch sinkende Öleinnahmen verschärft wurde. Das Land leidet unter einer Hyperinflation, der Bevölkerung fehlt es zum Teil am Notwendigsten. Viele Venezolaner sind längst aus dem Land geflohen.

Auch die politisch Linke distanziert sich zum Teil von Maduro. "La Izquierda Diario", ein deklariert linkes Magazin, schreibt, dass die derzeitige Krise – bei den Unruhen diese Woche starben 13 Menschen – auf den "Kollaps des Chavismo" (der Regierungspolitik, Anm.) zurückzuführen ist, der zu einer nie dagewesenen Katastrophe geführt habe.

"Missbrauch der Worte"

Der Machtkampf in Venezuela ist jedenfalls erneut voll entbrannt. In der Vergangenheit konnte Maduro die Rufe nach Neuwahlen aussitzen. Die Frage ist, ob ihm das erneut gelingt oder die Stimmung im Militär letztlich gegen ihn kippt. Dann, so befürchten Beobachter, könnte der Konflikt zu einem Bürgerkrieg ausarten.

Seit Montag wurden bei den Protesten gegen Maduro laut der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte bereits 26 Menschen getötet. Zuvor hatte die Nichtregierungsorganisation von 16 Toten gesprochen. n