Canberra. Australiens Regierung hat die Wiedereröffnung eines berüchtigten Flüchtlingslagers auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean angekündigt. Der rechtsliberale Premierminister Scott Morrison reagierte damit auf eine schwere parlamentarische Niederlage. Denn das Parlament stimmte am Dienstag mit knapper Mehrheit für einen Gesetzesentwurf zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen. Aus Morrisons Sicht, würde das Gesetz neue Fluchtanreize setzen.
Mit der Wiedereröffnung des erst im Herbst geschlossenen Lagers solle auf einen erwartbaren Anstieg der Flüchtlingszahlen reagiert werden, sagte der konservative Premier. Morrison hatte am Dienstag im Parlament eine herbe Abstimmungsniederlage erlitten. Die Abgeordneten stimmten mit knapper Mehrheit für einen Gesetzentwurf aus der Opposition zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, den seine konservative Minderheitsregierung abgelehnt hatte. Das Gesetz gibt Asylsuchenden, die üblicherweise in Flüchtlingslagern auf abgelegenen Inseln außerhalb Australiens festgehalten werden, das Recht, für eine Behandlung nach Australien gebracht zu werden.
Harte Flüchtlingspolitik unter Dauerkritik
Es war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass eine Regierung eine Abstimmung über ihre Gesetzgebung im Abgeordnetenhaus verlor. Morrison sagte am Mittwoch zu dem Votum, es gebe Menschen neue Anreize, die Überfahrt nach Australien zu wagen - weswegen er das Lager auf der Weihnachtsinsel wiedereröffnen wolle. Den Einwand, dass das Gesetz nur für die bereits in den Lagern lebenden Flüchtlinge gelte, schob er beiseite. Der Opposition warf der Premier vor, "unsere Grenzen zu gefährden und zu schwächen".
Australien steht wegen seiner harten Politik zur Abschreckung von Flüchtlingen seit Jahren in der Kritik. Das Land bringt alle Flüchtlinge, die per Boot nach Australien kommen wollen und dabei aufgegriffen werden, in Lager auf den Pazifikinseln Nauru und auf Papua-Neuguinea. Dort leben derzeit rund tausend Menschen. Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen haben die dortigen Lebensbedingungen regelmäßig scharf kritisiert.
Inselkrankenhaus kann Versorgung nicht gewährleisten
Die Weihnachtsinsel gehört zu Australien, ist aber rund 2.300 Kilometer vom Festland entfernt. Die Insel-Regierung stellte das Vorhaben der australischen Regierung in Frage. "Wir hätten hier einfach nicht die Kapazitäten für Menschen, die aus medizinischen Gründen herkommen", sagte Regierungschef David Price. Schon jetzt müssten "ziemlich regelmäßig" Menschen die Insel verlassen, weil das kleine Inselkrankenhaus ihre gesundheitlichen Beschwerden nicht behandeln könne.
Price kritisierte außerdem, dass seine Regierung nicht im Voraus über Morrisons Pläne informiert worden sei. Das Vorhaben, das umstrittene Flüchtlingslager auf der Weihnachtsinsel wiederzueröffnen, sei eine "politische reflexartige Reaktion".
Aufstände und Todesfälle
Das Lager auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean wurde erst im Oktober geschlossen. Seit seiner Öffnung 2008 war es dort zu Aufständen, Todesfällen, mutmaßlichen Vergewaltigungen und Selbstverletzungen gekommen.
In Australien finden im Mai Parlamentswahlen statt. Die Flüchtlingspolitik ist ein wichtiges Wahlkampfthema. Die oppositionelle Labor-Partei warf Morrison am Mittwoch vor, er betreibe in der Einwanderungspolitik Angstmacherei, um Stimmen zu gewinnen. In Umfragen zeichnet sich ein Wahlsieg von Labor ab.