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Kopfgeld auf den Kronprinzen des Dschihad

Von Thomas Seifert

Politik

Osama Bin Ladens Sohn Hamsa ist offenbar zum Kopf der Terrororganisation Al-Kaida aufgestiegen.


Washington/Wien. Bin Laden - der Name steht für Tod und Terror. Osama Bin Laden war als Anführer der Terrorgruppe Al-Kaida Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, auf die World-Trade-Center-Türme in New York und das Pentagon in Washington, bei denen insgesamt 2996 Menschen ihr Leben verloren. Al-Kaida bekannte sich auch zu den Terroranschlägen am 11.März 2004 auf Züge in Madrid, bei denen 190 Menschen starben und zu den Terrorakten gegen die Londoner U-Bahn und einen Doppeldeckerbus am 7. Juli 2005, bei denen 56 Menschen ihr Leben verloren. Die Terrororganisation Al-Kaida war es auch, die für die Anschläge auf die Botschaften der Vereinigten Staaten in Daressalam und Nairobi im Jahr 1998 verantwortlich war (224 Tote).

Vom Ende der 90er Jahre bis zum Jahr 2010 verbreitete Al Kaida Angst und Schrecken, wurde aber schließlich immer mehr vom selbsternannten "Islamischen Staat" (IS oder auch ISIS genannt) abgelöst, der vor allem im aufflammenden Bürgerkrieg in Syrien Schritt für Schritt zur einflussreichsten Terrororganisation der Dschihadisten-Szene aufstieg.

Die USA versetzten Al-Kaida am 2. Mai 2011 einen schweren Schlag: Osama Bin Laden wurde bei der "Operation Neptune’s Spear" ("Unternehmen Neptuns Speer") bei einem von US-Präsident Barack Obama befohlenen und von der CIA geleiteten Militäreinsatz in Abbottabad in Pakistan von Soldaten der Spezialeinheit DEVGRU (Navy SEAL Team 6) erschossen.

Im Jahr 2017 wurde dann Abu Al Khayr Al Masri, Nummer zwei der Terrororganisation Al-Kaida und Schwiegersohn Osama Bin Ladens, bei einem US-Drohnenangriff in Syrien getötet.

Um Ayman al-Zawahiri, dem Weggefährten Bin Ladens, der nach dessen Tod auf die Position der Nummer eins bei Al-Kaida nachgerückt ist, ist es in den vergangenen Jahren still geworden: Der US-Sicherheitsexperte Peter Bergen (Bergen hatte als einen der wenigen westlichen Journalisten Bin Laden interviewt) sagte vor einigen Monaten gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN: "Wir hören wenig von der Suche nach ihm, weil diese natürlich top-geheim ist. Aber das bedeutet nicht, dass die CIA nicht nach wie vor nach ihm fahndet." Für Informationen, die zur Gefangennahme Zawahiris oder seinem Tod führen, ist von den US-Behörden eine Belohnung von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt.

Bergen schrieb in seinem 2012 erschienen Buch "Manhunt: The Ten-Year Search for Bin Laden From 9/11 To Abbottabad": "Zawahiri wird den Abstieg Al-Kaidas nicht aufhalten können. Er ist nicht der inspirierende Redner, der Bin Laden war, sondern eher wie ein langatmiger pedantischer Onkel, der seine Familie beim Thanksgiving mit Details zu seltsamen Streitereien mit obskuren Feinden langweilt."

Rache für die Tötung des Vaters

Nicht zuletzt deshalb dürfte der etwa 30 Jahre alten Hamsa Bin Laden -Sohn von Osama Bin Laden - zur wichtigsten Größe bei Al-Kaida geworden sein - und das dürfte auch der Grund dafür sein, warum die US-Regierung nun eine Million Dollar (880.000 Euro) auf Hinweise zur Ergreifung von Hamsa Bin Laden ausgesetzt hat. Hamsa Bin Laden hatte bereits Anschläge auf die Vereinigten Staaten und deren Verbündete angedroht, um den Tod seines Vaters zu rächen. Und er hatte in der Vergangenheit zum Sturz der Königsfamilie in Saudi-Arabien, dem Heimatland seines Clans, aufgerufen.

Das US-Außenministerium erklärte, Hamsa Bin Laden habe sich "zu einem der Anführer" des Terrornetzwerks entwickelt. Osama Bin Ladens Sohn wurde von den US-Behörden bereits Anfang 2017 auf ihre Terrorliste gesetzt. Mit dieser Entscheidung wurde der Weg freigegeben, mögliche Vermögenswerte des jungen Bin Laden in den USA einzufrieren, mit diesem Zeitpunkt war es für amerikanische Bürger und Unternehmen auch illegal, Geschäfte mit Hamsa Bin Laden abzuwickeln.

Ist Bin Laden in Afghanistan?

Wo sich Hamsa Bin Laden aufhält, ist jedoch völlig unklar. Sein Halbbruder Ahmad al-Attas sagte im vergangenen Jahr der britischen Zeitung "Guardian": "Wir haben gehört, dass er die Tochter von Mohammed Atta geheiratet hat. Wir sind nicht sicher, wo er lebt, aber es könnte sein, dass er sich in Afghanistan aufhält."

Mohammed Atta war Chef der Hamburger Terrorzelle und war einer der Flugzeugattentäter vom 11. September 2001. Gerüchten zufolge soll Hamsa Bin Laden mehrere Jahre mit seiner Mutter im Iran gelebt haben.

Unmittelbar nach der Entscheidung der US-Behörden, ein Kopfgeld auf Bin Laden auszusetzen, hat Saudi-Arabien Hamsa Bin Laden die Staatsangehörigkeit entzogen. Das berichtete zumindest die saudische Zeitung "Okaz" am Freitag mit Verweis auf das staatliche Amtsblatt "Umm al-Kura". Diesem Bericht zufolge hatte das saudische Innenministerium Hamsa Bin Laden bereits Mitte Februar die Staatsangehörigkeit per Dekret entzogen.

Laut Meinung von Experten soll Hamsa Bin Laden durch die Bekanntheit des Namens Bin Laden Al-Kaida wieder mehr Einfluss in der Dschihadisten-Szene verschaffen. Neben Bin Laden ist der syrische Dschihadist Abu Mohammed al Joulani, der in Syrien für die Nusra-Front gekämpft hat und der seit 2017 der Anführer der dschihadistisch-salafistischen Terrororganisation Haiat Tahrir asch-Scham ist, eine immer wichtigere Größe.