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Ein Versprechen namens Cyril Ramaphosa

Von Klaus Huhold

Politik

Trotz seiner Korruptionsskandale und der stagnierenden Wirtschaft steht der ANC bei der Wahl in Südafrika vor der absoluten Mehrheit. Denn der Vorsitzende Cyril Ramaphosa hat der Partei einen neuen Schub gegeben.


Pretoria/Wien. Die gereckte Faust ist eines der Markenzeichen der südafrikanischen Economic Freedom Fighters (EFF). Ihr Vorsitzender, der für seine scharfen Reden bekannte Julius Malema, verwendet diese Geste bei seinen Auftritten, die zumeist in roten T-Shirts gekleideten Aktivisten der Partei heben die Faust in die Höhe, wenn sie sich auf der Straße begegnen. "Die Macht", sagen dann die einen. "Dem Volk!", antworten die anderen.

Das ist genau der Vorwurf, den die EFF ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Apartheid dem African National Congress (ANC), der Befreiungsbewegung von Nelson Mandela, machen: Dass der ANC in seiner 25-jährigen Regentschaft eben nicht die Macht dem Volk zurückgegeben habe. Reichtum und Wirtschaft seien noch immer in den Händen der weißen Minderheit, während die schwarze Bevölkerung in Armut lebe. Deshalb fordern Malema und seine Mitstreiter Verstaatlichungen und Enteignungen, vor allem von Weißen.

Verteilungsfragen werden in Südafrika noch immer schnell zu Debatten über Herkunft und Hautfarbe. Laut der staatlichen Statistikbehörde Südafrikas lebten noch 2015 weniger als fünf Prozent der Weißen unter der Armutsgrenze, während das auf rund 40 Prozent der Schwarzen zutraf. Würde man aktuell so eine Untersuchung machen, wären die Zahlen wohl ähnlich. Auch sonst hat der ANC viele enttäuscht, fast täglich kommt es zu Protesten von Townshipbewohnern, die Strom in ihren Vierteln, bessere Schulen oder Jobs - Südafrika hat eine Arbeitslosenquote von fast 30 Prozent - fordern.

Gleichzeitig aber hat der ANC das Los vieler Bürger verbessert: Es wurden neue Häuser gebaut, es gibt eine kostenfreie Gesundheitsversorgung, und Millionen Schwarze wurden in die Mittelschicht gehoben.

Noch gelingt es dem ANC, die Angriffe der EFF von links als auch von der wirtschaftsliberalen Democratic Alliance (DA) zu parieren: Kommenden Mittwoch, am 8. Mai, wählen die Südafrikaner sowohl ein neues Parlament als auch neue Provinzregierungen. Laut den Umfragen wird der ANC mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten und damit auf nationaler Ebene alleine weiterregieren können. Die DA kommt demnach auf rund 20, die EFF auf zehn Prozent, der Rest entfällt auf Kleinparteien.

Große Versprechen

Dass der ANC trotz der hohen Armut und der Korruptionsskandale unter Ex-Präsident Jacob Zuma weiterhin so viel Zuspruch erhält, hat vor allem drei Gründe, sagt der Politologe Christian von Soest vom deutschen Giga-Institut für Afrika-Studien: Die Oppositionsparteien können -auch wegen interner Streitigkeiten - viele Wähler nicht überzeugen. Zudem gebe es eine "historische Verbundenheit" zum ANC. "Deshalb gehen viele ältere Wähler, die die Apartheid noch selbst erlebt haben, lieber nicht wählen, als dass sie einer anderen Partei die Stimme geben", sagt der Südafrika-Experte zur "Wiener Zeitung". Und dann stehe mit Cyril Ramaphosa nun ein neuer Hoffnungsträger an der Spitze des ANC.

Dieser war schon ein Mitstreiter von Mandela, machte später als Geschäftsmann Millionen und stieß im Dezember 2017 nach einer Abstimmung den umstrittenen Vorgänger Zuma vom Thron. Obwohl Ramaphosa Zuma einst als Vizepräsident diente, geht er nun auf größtmögliche Distanz zu diesem. Der 64-Jährige verspricht, mit der Korruption, derer sich viele ANC-Funktionäre schuldig gemacht haben, aufzuräumen. Und er will die Wirtschaft, die während der Amtszeit von Zuma stagnierte, wieder ankurbeln.

Das Programm von Ramaphosa ist dabei im Kern ein sozialdemokratisches. Einerseits will er nämlich an staatlichen Sozialleitungen festhalten, und sie, sofern das Geld reicht, auch erhöhen. Andererseits sollen verstärkte Investitionen, auch aus dem Ausland, die Wirtschaft ankurbeln. Deshalb wird es unter Ramaphosa voraussichtlich auch keine groß angelegten entschädigungslosen Enteignungen, etwa von weißen Farmen, geben - auch wenn er den EFF symbolisch immer wieder entgegenkommt, um Druck abzufangen.

Ramaphosa muss nun liefern

"Das größte Problem ist für Ramaphosa aber in gewisser Weise seine eigene Partei", sagt von Soest. Denn diese ist tief gespalten. Auf der einen Seite stehen die Traditionalisten, auf der anderen die Reformer. Die Traditionalisten spielten unter Zuma eine große Rolle, sind vor allem in ländlichen Regionen zu finden, sozial konservativ und tendenziell Befürworter von Verstaatlichungen. Die Reformer leben oft in Städten, sind moderner und eher sozialdemokratisch orientiert. Rampahosa zählt zu den Reformern. Inwieweit er sein Programm und seine Personalpolitik durchsetzen kann, "wird stark davon abhängen, wie viel Rückenwind ihm das Wahlergebnis gibt", sagt von Soest.

Ramaphosa hat seiner Partei einen neuen Schub gegeben. Doch wenn es unter seiner Präsidentschaft keinen Entwicklungssprung gibt, dann wird der ANC über kurz oder lang wohl seine absolute Mehrheit verlieren.