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Klimaschützer: "Österreich sollte als Zugpferd agieren"

Von Bernd Vasari

Politik

Was gegen Klimawandel getan werden kann, erklären die beiden Klimaschützer Odette Savadogo und Didier Ouedraogo.


Ouagadougou/Wien. Die Regenzeit wird von Jahr zu Jahr kürzer, die Böden werden trockener, die Ernteausfälle häufen sich. Vor allem der Norden von Burkina Faso ist betroffen. Die Zahl der Klimaflüchtlinge, die in die südlichen Regionen des Binnenlandes in Westafrika strömen, nimmt zu. Auch die Sicherheitslage hat sich verschlechtert. Die Soziologin Odette Savadogo und der Ökonom Didier Ouedraogo haben es sich zum Ziel gemacht, der Klimakrise entgegenwirken. Über Maßnahmen und Zukunftshoffnungen erzählen sie in folgendem Gespräch:

"Wiener Zeitung:" Frau Savadogo, Herr Ouedraogo, welche Jahreszeiten gibt es in Burkina Faso?

Didier Ouedraogo: Grundsätzlich gibt es in Burkina Faso zwei Jahreszeiten, eine Regenzeit, die maximal vier Monate, von Juni bis maximal Oktober, andauert und eine Trockenzeit.

Wie oft regnet es in der Regenzeit? Wie kann man sich das vorstellen?

Ouedraogo: Es regnet nicht jeden Tag, es kann auch mal fünf Tage in dieser Zeit nicht regnen.

Wie war das Wetter, als Sie beide Kinder waren?

Odette Savadogo: Als ich ein Kind war, gab es bis zu fünf Monate Regen im Jahr. Das hat sich im Laufe der Zeit sehr stark verändert. Die Dauer der Regenzeit hat abgenommen.

Welche Regionen sind besonders betroffen?

Savadogo: Im Norden des Landes hat der Regen im vergangenen Jahr bereits im August aufgehört. Das war nicht ausreichend.

Was waren die Auswirkungen dieser verkürzten Regenzeit?

Savadogo: Es konnten nicht genügend landwirtschaftliche Erträge eingefahren werden. Die Böden sind sehr trocken, ihre Bearbeitung ist sehr hart. Oftmals gibt es nicht die notwendigen Werkzeuge. Erschwert wird die Situation durch starke Sonneneinstrahlung. Durch diese Umstände konnten die Menschen ihre Nahrung nicht für das ganze Jahr sichern. Es gab weniger Mahlzeiten am Tag, das führte zu Beeinträchtigungen vor allem bei Kindern, die an einer Mangelernährung leiden. Die verkürzte Regenzeit führte zu einer starken Abwanderung aus den nördlichen Gebieten in den Süden, wo die Böden noch fruchtbarer sind.

Was gibt es noch zu essen?

Savadogo: Es kommt darauf an, was die Menschen ernten. Meistens essen sie Hirse, Mais mit verschiedenen Saucen.

Wie reagiert der Staat auf die Hungersnot?

Ouedraogo: Der Grundwasserspiegel sinkt. Reis und Zuckerrohr benötigen aber Wasser für den Anbau. Da es nicht ausreichend vorhanden ist, muss der Staat verstärkt Reis und Zucker importieren, zumeist aus dem asiatischen Raum.

Welche Möglichkeiten gibt es, Ernteausfälle zu verhindern?

Savadogo: NGOs entwickeln Strategien und Maßnahmen, wie etwa die Zeittechnik, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann. Ein Bauer aus Burkina Faso, Yacouba Sawadogo, hat übrigens für seinen Einsatz diese Technik zu verbreiten, im Vorjahr den alternativen Nobelpreis bekommen.

Wie funktioniert die Zeittechnik?

Savadogo: Es werden kleine Löcher gegraben, die mit Kompost und Saatgut aufgefüllt werden. Diese Löcher fangen Regenwasser auf, um es länger zu konservieren. Die Pflanzen können somit länger ohne Regen überleben. Es wird auch die Halbmondtechnik angewendet. Sie dient auch der Wasserspeicherung. Es werden auch verbesserte Öfen verwendet, um zu kochen. Das reduziert die Abholzung von Bäumen.

Kann die Landflucht mit diesen Maßnahmen gestoppt werden?

Ouedraogo: Es gibt erfolgreichere Ernten. Ob sie die Abwanderung stoppen können, hängt davon ab, ob etwa auch Viehzucht gefördert wird. Es müssten aber noch viel mehr Wasserreservoirs angelegt werden.

Wer finanziert die Projekte? Ist genügend Geld da, um die Techniken flächendeckend anzuwenden?

Ouedraogo: Der Staat und NGOs finanzieren Projekte. Es konnten aber nicht genügend Wasserstellen geschaffen werden.

Savadogo: Nicht alle Dörfer verfügen über Zugang zu Wasser.

Der Klimawandel ist in Burkina Faso also spürbar. Gibt es eine Veränderung des Umweltbewusstseins bei den Menschen?

Savadogo: Ja, natürlich. Es wird immer besser. In unserer Arbeit versuchen wir, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Auch auf staatlicher Ebene gibt es Kampagnen, um etwa die Verwendung von Plastiksackerl zu reduzieren.

Der Klimawandel ist ein weltweites Problem, hauptsächlich verursacht von den Industriestaaten.

Savadogo: Ja, wir fordern, dass Maßnahmen, die etwa bei der Weltklimakonferenz in Paris getroffen wurden, umgesetzt werden. Wir fordern, dass man sich bemüht den Temperaturanstieg auf zwei Grad zu minimieren. Wir wünschen uns auch mehr Unterstützung.

An wen adressieren Sie Ihren Wunsch nach Unterstützung?

Ouedraogo: In der Zeit, die ich nun in Österreich verbracht habe, habe ich bemerkt, dass die Österreicherinnen und Österreicher ein sehr großes Umweltbewusstsein haben. Es gibt sehr viele Leute, die sich einsetzen, um die Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren. Somit wäre es Österreich, das innerhalb der Europäischen Union als Zugpferd agieren könnte, um dieses Bewusstsein auch nach außen zu tragen. Das würde langfristig auch uns in Burkina Faso zugutekommen.

Wenn Sie zehn Jahre nach vorne auf Burkina Faso blicken: Was sehen Sie da?

Savadogo: (lacht) Ich hoffe, dass Burkina Faso wieder grüner wird, dass sich die Grünflächen wieder ausbreiten. Und, dass die Einwohner des Landes zusammen in Frieden leben.