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Klimawandel bestimmt Wahlkampf in Australien

Politik

Für viele Australier ist der Klimawandel ihre größte Sorge. Denn Down Under ist einer der großen Umweltsünder weltweit, und die Folgen sind spürbar.


Canberra. Australier können an diesem Wochenende gleich zweimal wählen - ihr neues Parlament als auch ihren Favoriten beim Eurovision Song Contest. Für den Urnengang am Samstag über die Parlamentssitze herrscht Wahlpflicht - die SMS, die die Australier Sonntag ab 5 Uhr Früh Richtung Tel Aviv schicken können (Zeitverschiebung!), basieren freilich auf freiwilliger Basis.

Nach der Wahl wird sich auch zeigen, wer das Amt des Premiers in Australien übernehmen wird. Im Normalfall ist es der Vorsitzende der regierenden Partei. Und hier hat sich Australien als Land der versteckten Messer einen Namen gemacht. Interne Kampfabstimmungen sind praktisch an der Tagesordnung. In den vergangenen zehn Jahren hatte Australien nicht weniger als fünf Premierminister.

 Sozialdemokraten liegen vorne

Denn Umfragen zufolge hat die sozialdemokratische Labor Partei unter dem Spitzenkandidaten William "Bill" Shorten gute Chancen, nach sechs Jahren in der Opposition zurück an die Regierung zu kommen. Die rechtskonservative Koalition unter dem amtierenden Premier Scott Morrison von den Liberalen liegt zurück.

Im Nordosten Australiens liegt das größte Korallenriff der Welt, das Great Barrier Reef. Das von der Unesco als Weltnaturerbe eingestufte Riff stirbt aufgrund der schlechten Wasserqualität einen langsamen Tod durch Korallenbleiche.

Das Ozonloch über Australien ist berüchtigt. Und im vergangenen Sommer haben die Temperaturen im Landesinneren fast an die 50 Grad erreicht. Nach einer Umfrage ist der Kampf gegen den Klimawandel für die mehr als 16 Millionen wahlberechtigten Australier derzeit die größte Sorge. Das Land Down Under gehört zu den 20 größten Klimasündern weltweit.

Und nun haben die Veränderungen vor der Haustür endlich auch die australische Innenpolitik erreicht. Klimaschutz ist erstmals eines der wichtigsten Themen in diesem ausgesprochen kurzen Wahlkampf - der noch regierende konservative Premierminister Scott Morrison hat erst vor knapp einem Monat den 18. Mai als Wahltermin bekanntgegeben.

Das Argument der Wirtschaft

Morrison ist erst seit Sommer vergangenen Jahres Parteichef von Australiens Liberalen und Premierminister. Der 50-Jährige führt nach der Niederlage bei einer Nachwahl zusammen mit der Nationalen Partei nur noch eine Minderheitsregierung. In einer Fernsehansprache strich er Australiens gute Wirtschaftslage heraus. "Wir leben im besten Land der Welt", sagte Morrison. "Aber um die Zukunft zu sichern, brauchen wir eine starke Wirtschaft."

Am Papier hat Australien dafür seit 28 Jahren keine Rezession mehr erlebt. Doch die Lebensrealität vieler Australier sieht anders aus. Die Zahl jener Familien, die trotz Jobs von wohltätigen Einrichtungen abhängig sind, ist in den letzten Jahren rasant angestiegen, schreibt "News.com.au". Allein im Bundesstaat New South Wales (in dem Sydney liegt) werden mehr als 600 karitative Einrichtungen mit Nahrungsmitteln versorgt, die sie wieder unter bedürftigen Familien verteilen. Einst waren diese Einrichtungen für Obdachlose und Menschen in akuten Krisensituationen gedacht. "Aber wir sehen immer mehr Menschen, die trotz ihres Jobs Hilfe brauchen, und die werden ständig mehr", erklärt John Robertson von der Foodbank. Die Betroffenen kommen mit ihrem Lohn nicht mehr aus, weil Miete, Hypotheken und Strom immer teurer werden.

Um einen Klima-Kompromiss zu finden und die Konjunktur nicht abzuwürgen, wollen die Liberalen unter Scott Morrison den den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 26 Prozent zu senken. Labor will deutlich mehr, nämlich 45 Prozent. Shorten plant dazu unter anderem, die Kohlesteuer wieder einzuführen, die die Liberalen als wirtschaftsfeindlich abgeschafft hatten.

Parlamentswahlen in Australien gehen aber häufig knapp aus, einige wenige Mandate können den Ausschlag geben. Man darf auf das Abschneiden der Kleinparteien gespannt sein, die Königsmacher sein könnten. (wak)