Pjöngjang/Washington. Der in Malaysia ermordete Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un soll laut neuen Enthüllungsberichten ein CIA-Informant gewesen sein. Kim Jong-nam habe sich mit US-Agenten getroffen, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Biografie über Kim Jong-un sowie einem Artikel des "Wall Street Journal".
US-Präsident Donald Trump sagte dazu, er wisse nichts von einer Verbindung zwischen Kims Halbbruder und dem Auslandsgeheimdienst. Kim Jong-nam, der lange als möglicher Nachfolger seines Vaters Kim Jong-il galt, war im Februar 2017 am Flughafen von Kuala Lumpur mit dem Nervengift VX verseucht worden, woraufhin er starb. Vor seinem Tod habe sich Kim Jong-nam mit CIA-Kontaktpersonen in Südostasien getroffen, schreibt die Journalistin Anna Fifield in ihrem Buch "The Great Successor" ("Der Große Nachfolger").
Aufnahmen einer Sicherheitskamera hätten Kim Jong-nam kurz vor seinem Tod zusammen mit einem asiatisch aussehenden Mann in einem Hotelfahrstuhl gezeigt, bei dem es sich um einen US-Geheimagenten handeln soll, berichtet Fifield. Der Rucksack, den Kim Jong-nam dann am Flughafen bei sich hatte, habe 120.000 Dollar in Bar enthalten.
Trump lobt "sehr gute Beziehung"
Dabei könne es sich um eine Bezahlung für die Informantendienste, aber auch Einnahmen aus dem Glücksspielgeschäft gehandelt haben, in dem Kim Jong-nam tätig gewesen sei, schreibt die Autorin, die früher für die "Washington Post" über Nordkorea berichtete.
Trump sagte zu der angeblichen Informantentätigkeit Kim Jong-nams: "Ich weiß nichts darüber." Die Beziehung seiner Regierung zu Pjöngjang sei aber derart, "dass dies unter meiner Führung nicht passieren würde". Er lobte erneut seine "sehr gute Beziehung" zu Nordkoreas Machthaber, mit dem er auf zwei Gipfeln über die atomare Abrüstung des ostasiatischen Landes geredet hatte, wenn auch ohne konkrete Resultate.
Die Annäherung zwischen Trump und Kim hatte allerdings erst im vergangenen Jahr begonnen, also nach dem Mord an dem Halbbruder. Vor dem Annäherungsprozess hatte Trump noch mit der Vernichtung Nordkoreas gedroht. Der Mord an Kim Jong-nam bleibt bis heute rätselhaft. Südkorea macht Nordkorea dafür verantwortlich, was Pjöngjang zurückweist.
Dubioses Leben zwischen Gangstern und Spionen
Nach der Tat waren zwei junge Frauen aus Vietnam und Indonesien festgenommen und vor Gericht gestellt worden. Beide beteuerten, von nordkoreanischen Spionen überlistet worden zu sein: Sie hätten geglaubt, es handle sich um einen Scherz für eine Fernsehsendung. Später ließ die malaysische Staatsanwaltschaft die Mordvorwürfe gegen die Frauen fallen. Sie wurden freigelassen.
Kim Jong-nam war bei der nordkoreanischen Führung in Ungnade gefallen - vermutlich nachdem er 2001 mit falschem Pass nach Japan eingereist war, um das Disneyland in Tokio zu besuchen. Seitdem lebte er im Ausland, meist in der chinesischen Sonderverwaltungszone und Glücksspielmetropole Macau.
Laut Fifield betrieb Kim Jong-nam Glücksspiel-Websites und lebte "im Schatten zwischen Spielern, Gangstern und Spionen". Dabei habe er einige Verbindungen zur nordkoreanischen Führung aufrecht erhalten. Er sei zugleich von der Angst verfolgt worden, sein Halbbruder könnte ihn umbringen lassen.
Das "Wall Street Journal" schrieb unter Berufung auf mehrere frühere US-Regierungsvertreter, Kim Jong-nam sei vermutlich nicht in der Lage gewesen, der CIA Einzelheiten über die "inneren Abläufe" Nordkoreas zu verraten. Er habe zu lange im Ausland gelebt und vermutlich auch keine "Machtbasis" in Nordkorea gehabt.
US-Präsident Donald Trump hat nach eigenen Angaben einen weiteren "schönen Brief" von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un erhalten. Trump sagte am Dienstag in Washington, er habe am Vortag einen sehr persönlichen, netten und warmen Brief von Kim bekommen. Zum Inhalt äußerte sich Trump nicht. Er betonte aber - ebenso vage: "Ich glaube, es wird etwas sehr Positives passieren." Auf die Frage nach einem möglichen weiteren persönlichen Treffen mit Kim sagte der Präsident: "Es könnte dazu kommen." Konkreter wurde er nicht.
Trump und Kim hatten einander zu zwei Gipfeln in Singapur und Hanoi getroffen, das zweite Treffen in Hanoi scheiterte. Nordkorea knüpft die grundsätzliche Zusage Kims zur atomaren Abrüstung an Bedingungen, unter anderem an eine vorherige Lockerung von Sanktionen. Nordkorea testete nach dem Treffen in Hanoi auch wieder Raketen. Die Tests wurden vom Weißen Haus jedoch nicht als eine entscheidende Zuspitzung der Situation gewertet.