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Trump und Putin stellen Harmonie zur Schau

Von Gerhard Lechner

Politik

Das Verhältnis zwischen Russland und den USA ist von Rivalität geprägt. Auf dem G-20-Gipfel war davon aber nichts zu spüren.


Osaka. Das Verhältnis der USA zu Russland ist unter der Präsidentschaft Donald Trumps nicht frei von Widersprüchen. Einerseits hat sich Trump - jedenfalls vor Antritt seiner Amtszeit - so lobend über den russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert wie kaum ein westlicher Staatenlenker sonst. Auch das vorherige Treffen zwischen Trump und Putin im Vorjahr in Helsinki war atmosphärisch amikal verlaufen, was Beobachter mutmaßen ließ, dass an den Anschuldigungen, Putin habe zugunsten Trumps in den US-Wahlkampf eingegriffen, etwas dran sein müsse.

Ansonsten hat Trumps Politik in seiner bisherigen Amtszeit bisher aber wenig Anlass für Vorwürfe in Richtung Russlandfreundlichkeit gegeben. Auch unter der Ägide der Republikaner wurde der Druck auf den geopolitischen Widerpart in Moskau schrittweise erhöht - etwa über schmerzhafte Wirtschaftssanktionen. Der Ausstieg der USA aus dem INF-Abrüstungsvertrag, der beide Vertragspartner zum Verzicht auf landgestützte Mittelstreckenraketen verpflichtete, wurde von Moskau wenig erfreut wahrgenommen. Dazu kommt noch, dass die USA alles daransetzen, die Nord-Stream-2-Pipeline zu verhindern - ein im Wesentlichen deutsch-russisches Projekt, das russisches Erdgas an den mittelosteuropäischen Staaten vorbei durch die Ostsee nach Deutschland pumpt.

Auch in anderen Weltgegenden stehen sich Russland und die USA als erbitterte Konkurrenten gegenüber - sei es im Streit um den Iran, in Syrien oder in Venezuela. Dass mit Donald Trump ein Politiker im Weißen Haus sitzt, für den - anders als bei seinem Vorgänger Barack Obama - die von Putin kritisierten liberalen westlichen Werte nicht mehr sakrosankt sind, hat an der Rivalität der beiden Mächte nichts geändert. Die Stimmung war konstant schlecht.

"Konstruktive Atmosphäre"

Umso überraschender war das ostentative Zurschaustellen von Harmonie auf dem Treffen von Trump und Putin am Rande des G20-Gipfels im japanischen Osaka am Freitag. Laut Russlands Außenminister Sergej Lawrow haben die Gespräche zwischen den beiden Politikern, in denen es um die Themen Iran, Syrien, Venezuela und die Ukraine ging, in einer "sehr konstruktiven Atmosphäre" stattgefunden - Töne, die man zwischen Washington und Moskau schon länger nicht vernommen hat.

Beide Seiten betonten, trotz des Endes des INF-Vertrags die Gespräche über gemeinsame Rüstungskontrolle fortzusetzen. Der Kreml lud Trump sogar zur Militärparade auf dem Roten Platz anlässlich des 75. Jahrestages des Sieges über Hitler-Deutschland nach Moskau ein, die am 9. Mai 2020 stattfinden wird. Trump soll laut einem Kreml-Sprecher "sehr positiv" darauf reagiert haben. Auf der Pressekonferenz erklärte Trump auf Anfrage, Putin gesagt zu haben, er solle sich nicht in die US-Wahlen einmischen. Den Kreml-Chef wird das aber nicht sonderlich gestört haben - schließlich erzählte Trump das mit einem Lächeln im Gesicht.

Trump nannte sein Verhältnis zu Putin "sehr, sehr gut". Putin hat seinerseits den US-Präsidenten in einem Interview mit der "Financial Times" im Vorfeld des G20-Gipfels als "talentierten Menschen" gelobt. "Er weiß sehr gut, was seine Wähler von ihm erwarten", sagte Putin - und kritisierte gleichzeitig die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, deren Entscheidung, im Jahr 2015 die deutschen Grenzen für hunderttausende Flüchtlinge zu öffnen, ein "Kardinalfehler" gewesen sei.

Man redet, dass man redet

Ist das russisch-amerikanische Verhältnis am Ende also gar nicht so schlecht, wie es den Anschein hat? Findet vielleicht tatsächlich abseits der üblichen konfrontativen Rhetorik eine fundamentale Annäherung statt? Der Politologe Gerhard Mangott ist da skeptisch. "Das Verhältnis ist so schlecht, dass in Russland darüber debattiert wird, ob es noch Sinn hat, unter Trumps Präsidentschaft eine Verbesserung der Beziehungen anzustreben", berichtet der Russland-Experte. Putin würde Trump einfach nicht mehr zutrauen, sich gegen die Hardliner in seinem Kabinett wie etwa Außenminister Mike Pompeo oder Sicherheitsberater John Bolton, die in Bezug auf Russland eine harte Linie vertreten, durchzusetzen.

Und die freundlichen Nasenlöcher, die man in Osaka gemacht hat, die Beteuerungen, miteinander im Gespräch zu bleiben? "Wenn das schon als großer Erfolg verkauft wird, zeigt das ja nur, wie miserabel das Verhältnis ist", analysiert Mangott. "Im Grunde ist es so: Man redet darüber, dass man darüber redet - und verkauft das als Erfolg." Für einen Kurswechsel in der Russlandpolitik der USA sieht Mangott keine Anzeichen - auch nicht jetzt, nach dem Ende des Mueller-Berichts. Die Gegensätze seien einfach zu groß, ob in der Iran- oder Syrien-Politik, bei den Ansichten zu Venezuela oder der internationalen Rüstungskontrollpolitik, in der ein vertragsloser Zustand wie in den 1960er Jahren droht.

"Großartige Freundin"

Ohnehin stellt sich die Frage, wie viel Lob oder Tadel von Trump überhaupt bedeuten. Im Vorfeld des Osaka-Gipfels kritisierte Trump Deutschland scharf und kommentierte die deutsch-russische Energiezusammenarbeit in Richtung Berlin so: "Sie bezahlen einen potenziellen Feind". Nach der Landung in Osaka, beim Treffen mit der deutschen Kanzlerin, klang dann alles ganz anders: Merkel sei eine "fantastische Person" und "großartige Freundin", das Verhältnis sei "grandios".

Der G20-Gipfel in Osaka war vor allem von bilateralen Zusammenkünften geprägt. Trump hat dabei ganze acht Staats- oder Regierungschefs getroffen. Neben Putin kam er dabei auch mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping zusammen. Dieses Treffen stand ganz im Zeichen der Handelskonflikte zwischen den USA und China.