Teheran/Wien. Der Iran hat europäische Staaten vor einer Schutzmission für Öltanker gewarnt. "Die Präsenz von ausländischen Truppen im Persischen Golf wird die Lage nicht sicherer machen, sondern nur zu weiteren Spannungen führen", erklärte Präsident Hassan Rouhani am Sonntag.

Sein Sprecher Ali Rabiei sprach von einer "feindseligen Botschaft" an den Iran. Teheran "erwartet von allen EU-Staaten, diese provokativen Vorschläge nicht zu unterstützen", zitiert ihn die Nachrichtenagentur IRNA. Eine derartige Mission würde die Spannungen verschärfen.

Der iranische Vizeaußenminister Abbas Araqchi warf Großbritannien vor, mit der Festsetzung eines iranischen Öltankers gegen Vereinbarungen des Wiener Atomabkommens von 2015 verstoßen zu haben. Vertragspartner dürften dem iranischen Ölexport keinen Schaden zufügen, sagte er am Sonntag in Wien. Er wollte dort mit Diplomaten der noch verbliebenen Vertragsstaaten des Atomdeals - Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - auch über Verstöße seines Landes gegen das Abkommen sprechen.

Fortschritte wurden bei dem Treffen in Wien laut der Nachrichtenagentur AFP zwar nicht erwartet. Aber es sei "zwingend, mit den Iranern nach den erwiesenen Verletzungen ihrer Verpflichtungen" zu sprechen, betonte ein Diplomat. Es handle sich um eine Zusammenkunft, die eine spätere auf Ministerebene vorbereiten solle. Danach sprachen Vertreter der Islamischen Republik zwar von "konstruktiven" Gesprächen zur Beilegung des Streits. Gleichzeitig erklärte Araqchi aber: "Wir werden weitere Verpflichtungen aus dem Abkommen aussetzen, bis die Europäer Irans Ansprüche aus dem Abkommen sichern."

Iran will Schwerwasser-Reaktor wieder hochfahren

Die USA hatten das Atomabkommen im Mai 2018 einseitig aufgekündigt. Mit Sanktionen wollen sie die Führung in Teheran zwingen, eine neue Vereinbarung mit schärferen Auflagen zu akzeptieren. Von den US-Strafmaßnahmen sind auch weltweit Unternehmen betroffen. Diesen wird der Zugang zum US-Markt verwehrt, falls sie gegen die von der Regierung in Washington verhängten Sanktionen verstoßen.

Weil die verbliebenen Vertragspartner die für den Iran wichtigsten Teile des Atomabkommens nicht umsetzten, verstieß auch der Iran zuletzt demonstrativ gegen zwei zentrale Auflagen. Die Islamische Republik überschritt die Menge an erlaubtem Uran und die Obergrenze der Anreicherung. Außerdem verkündete der Iran am Sonntag, einen Schwerwasser-Reaktor wieder hochzufahren. Vor Parlamentsabgeordneten kündigte der Chef der nationalen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, den Neustart der Anlage in Arak an. In Schwerwasser-Reaktoren kann waffenfähiges Plutonium produziert werden.

 Zwist zwischen Teheran und London

Im Streit zwischen Teheran und London wiederum geht es um zwei beschlagnahmte Öltanker. Großbritannien hatte am 4. Juli in Gibraltar den Supertanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli stoppten dann die iranischen Revolutionsgarden in der Straße von Hormus den britischen Öltanker "Stena Impero", weil dieser angeblich gegen die maritimen Vorschriften im Persischen Golf verstoßen hatte. Das Schiff ist derzeit im Hafen der Stadt Bandar Abbas in Südiran.

Beide Seiten sprechen von "staatlicher Piraterie". Am Donnerstag ordnete London seine Marine an, Schiffe unter britischer Flagge in der Meerenge zu eskortieren. Außerdem strebt die Regierung in London einen europäischen Marineeinsatz in der für die weltweite Ölversorgung wichtigen Golf-Region an, um die Handelsschifffahrt zu sichern. Frankreich, Italien und Dänemark haben ihre Unterstützung signalisiert.

Seit Mai hat eine Reihe von Vorfällen die Spannungen in der Region verschärft. Am 12. Mai meldeten die Emirate "Sabotageakte" gegen vier Handelsschiffe vor ihrer Küste. Einen Monat später wurden zwei Öltanker im Golf von Oman attackiert, nachdem sie die Meerenge von Hormus passiert hatten. Die USA machten die iranischen Revolutionsgarden für die Vorfälle verantwortlich. Teheran bestritt jede Verwicklung. (apa/dpa/afp/reu)