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Peking warnt vor "Spiel mit dem Feuer"

Von Thomas Seifert

Politik

Die Eskalationsspirale bei den Protesten in Hongkong dreht sich weiter: Nun werden die Warnungen Pekings schärfer.


Hongkong/Wien. "Wer mit dem Feuer spielt, wird dadurch zugrunde gehen." Diese Warnung des Sprechers der für die Sonderverwaltungszone Hongkong zuständigen Behörde in Peking, Yang Guang, kam nun nach weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen in Hongkong. Yang Guang weiter: "Ich warne alle kriminellen Elemente, die Situation nicht falsch zu beurteilen und Zurückhaltung mit Schwäche zu verwechseln." Man solle Chinas "feste Entschlossenheit und Stärke bei der Sicherung der Prosperität und Stabilität Hongkongs" nicht unterschätzen.

Yang Guang wurde bei einer Pressekonferenz am Dienstag auch nach einem möglichen Einsatz chinesischer Soldaten gegen die Demonstranten gefragt. Seine Antwort: Die Volksbefreiungsarmee sei eine starke Kraft und werde jeden Teil des chinesischen Territoriums verteidigen. Die Stadtregierung und die Polizei in Hongkong seien aber absolut in der Lage, die öffentliche Ordnung und Stabilität wiederherzustellen. China werde jedenfalls niemals erlauben, dass das Prinzip "ein Land - zwei Systeme" straflos in Frage gestellt wird und werde auch keinerlei "Turbulenzen" zulassen, die die nationale Einheit gefährden.

Schon vergangenen Monat deutete ein chinesischer Armeesprecher an, dass die chinesische Volksbefreiungsarmee gerufen werden könnte, um die öffentliche Sicherheit in Hongkong zu gewährleisten. Das chinesische Militär hat in der Stadt ständig 6000 bis 10.000 Soldaten stationiert.

Vergangene Woche wurde ein Video veröffentlicht, das Soldaten zeigt, wie sie das Auflösen von Protesten trainieren. Zugleich wurden auch Bilder einer großen Anzahl von chinesischen Polizisten gezeigt, die Übungen zur Vorbereitung auf den Feiertag zum 70. Jahrestag der Staatsgründung am 1. Oktober zeigen. Insgesamt sollen nach einem Bericht der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" in Shenzhen (Shenzhen ist die Nachbarstadt Hongkongs im Norden - man kann mit der Hongkonger U-Bahn bis zum Grenzübertritt nach Shenzhen fahren) rund 12.000 chinesische Polizisten an Übungen beteiligt gewesen sein. Das Video und die Bilder haben Gerüchte genährt, wonach Peking über eine Intervention in Hongkong nachdenken könnte.

Peking steckt im Dilemma: Mit einer Intervention würde Peking nicht nur eine unkontrollierbare Eskalation riskieren, sondern auch die Position Hongkongs als freies Fenster zur Welt - die der Volksrepublik letztlich nützt - massiv gefährden. Gleichzeitig will die politische Führung in Peking nicht als schwach wahrgenommen werden.

Massenproteste seit 9. Juni

Die Massenproteste gegen das sogenannte Auslieferungsgesetz halten seit 9. Juni an (damals waren rund eine Million Menschen auf der Straße). Die Gegner des Gesetzesentwurfs befürchten, dass damit das Rechtssystem Hongkongs, das bisher weitgehend unabhängig von der Volksrepublik China ist, ausgehöhlt würde. Das umstrittene Gesetz wurde zwar vorerst nicht beschlossen, die Demonstranten fordern aber von der Stadtregierung die völlige Rücknahme des Entwurfs.

Die Bevölkerung der früheren britischen Kronkolonie genießt seit der Übergabe an China 1997 Freiheiten (wie etwa Meinungs- und Versammlungsfreiheit), die sonst in der Volksrepublik tabu sind. Diese Freiheiten sehen die Demonstranten zunehmend gefährdet.

Zuletzt wurde Hongkong durch Proste und Streiks lahmgelegt, so mussten etwa mehr als 200 Flüge gestrichen werden. Allein am Montag nahm die Polizei 148 Demonstranten fest und feuerte rund 800 Tränengas-Kartuschen ab. In den acht Wochen davor wurden insgesamt 1000 Tränengaskartuschen eingesetzt - ein deutliches Zeichen einer Eskalation. Joshua Wong, einer der Anführer der sogenannten Regenschirm-Bewegung von 2014 und Demokratie-Aktivist, sagte, Peking würde Hongkong nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln regieren, sondern mit Tränengas.