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Der Präsident auf Klima-Mission

Von WZ-Korrespondent Phillipp Hedemann

Politik

Dachgärten und UN-Klimagipfel: Der Kampf gegen die Erderwärmung steht im Zentrum von Van der Bellens New-York-Reise.


Als Austrian Airlines Flug OS089 mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzlerin Brigitte Bierlein, Umweltministerin Maria Patek und Jugendbotschafterin Anika Dafert an Bord am Freitag um 13.50 Uhr auf dem Flughafen Newark landet, ziehen 15 Kilometer westlich rund 250.000 überwiegend junge Menschen durch die Häuserschluchten von Manhattan. Sie skandieren "Save the planet" und "There is no planet B". Es ist die größte Klimaschutzdemonstration in der Geschichte der USA. Als Teil der weltweiten "Fridays For Future"-Bewegung laufen die Schüler, Eltern und Großeltern an die Südspitze Manhattans, um Greta Thunberg, die Gründerin der Bewegung, zu hören. Bis vor kurzem war die 16-jährige schwedische Klimaaktivistin in den USA noch weitestgehend unbekannt. Dann segelte sie mit einer Rennyacht umweltfreundlich nach New York, um am von UN-Generalsekretär Antonio Guterres einberufen Klimagipfel teilzunehmen. Und spätestens seit ihrem Auftritt bei der Demonstration im Vorfeld des Klimagipfels ist Greta auch in den USA ein Begriff.

Zwei Tage nach Gretas Rede bei der Klima-Demonstration steht Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Umweltministerin Maria Patek auf einem Dach in New York und spricht über die zur Ikone aufgestiegene Klimaaktivistin aus Schweden. Der Bundespräsident hat Greta Thunberg im Mai beim "R20 Austrian World Summit" in Wien kennengelernt. "Greta ist ganz und gar immun gegen Smalltalk und lebt für ihre Berufung, gegen den Klimakollaps zu kämpfen. Ich habe sie dabei als sehr ernsthaft erlebt. Als ich sie in Wien getroffen habe, hat sie nur ein einziges Mal gelächelt. Das war als Juli, mein Hund, zu uns gestoßen ist", berichtet der Bundespräsident auf dem Dach im Stadtteil Queens.

"Kein Projekt von Spinnern"

Aber Van der Bellen ist im Vorfeld des Klimagipfels, beim dem Staats- und Regierungschefs konkrete Pläne zur drastischen Reduzierung von Treibhausgasemissionen präsentieren sollen, nicht aufs Dach gestiegen, um über Greta Thunberg zu sprechen. Er ist gekommen, um sich ein ökologisches Vorzeigeprojekt anzuschauen. Die Brooklyn Grange ist eine der größten Roof-Top-Farmen New Yorks. Auf immer mehr der unzähligen Flachdächer im Big Apple entstehen riesige Gemüsebeete. Vor der imposanten Skyline von Manhattan werden auf der Brooklyn Grange Farm auf einer Fläche von 6000 Quadratmetern unter anderem Tomaten, Salat, Mangold und Paprika angebaut. Alles streng ökologisch.

Knapp 70 Tonnen ernten die Betreiber der drei Dachfarmen jedes Jahr und beliefern damit unter anderem Märkte, Supermärkte und Restaurants. In T-Shirt und Turnschuhen führt Gründerin Gwen Schantz den Bundespräsidenten über ihre Farm und erklärt, wie auf dem Dach gesät, bewässert und geerntet wird. "Wir hatten noch nie so viele Männer in Anzug und noch nie so viele Sicherheitsbeamte auf unserem Dach. François Hollande war schon bei uns. Aber da war er schon nicht mehr Präsident. Herr Van der Bellen ist der erste amtierende Präsident und dass er dann noch von den Grünen kommt - das passt natürlich super", sagt die 38-jährige Dach-Farmerin. Und auch dem Bundespräsidenten gefällt es im Grünen. "Diese Farm ist kein Hobby für Spinner, sondern wird kommerziell betrieben", sagt Van der Bellen zwischen Grünkohl-, Paprika- und Schnittlauch-Beeten.

Wenige Stunden nach dem Termin auf dem Dach trifft er zusammen mit Bierlein, Patek und Außenminister Alexander Schallenberg den UN-Generalsekretär. Guterres, der Klimaschutz zu einer der Prioritäten seiner Arbeit gemacht hat, dankt Van der Bellen dabei für seine Initiative für mehr Tempo beim Klimaschutz. 34 Staats- und Regierungschefs - darunter unter anderem Deutschlands Präsident Steinmeier, der italienische Staatschef Mattarella und Frankreichs Präsident Macron - sind dem Vorstoß bereits beigetreten - und Van der Bellen hofft, in New York noch Unterstützer zu gewinnen.

"Kommen ohne Hausaufgaben"

Auch Jugendbotschafterin Anika Dafert ist beim Gespräch mit dem UNO-Chef mit dabei. Die 17-jährige Radstädterin hatte Guterrres bereits am Tag zuvor beim UN-Jugend-Gipfel gehört. "Er ist cool. Er hat verstanden, um was es geht. Die Klimakrise ist ein globales Problem, das nur mit einer globalen Anstrengung gelöst werden kann", so die österreichische Jugenddelegierte. Österreichs Beitrag geht der Schülerin, die im Februar die "Fridays for Future"-Bewegung in Salzburg initiiert hat, jedoch nicht weit genug. "Österreich fährt nach New York, ohne seine Hausaufgaben gemacht zu haben. Wir kommen ohne einen echten Klimaschutzplan zum Klimagipfel", sagt die Schülerin.

Auch ein Treffen des Bundespräsidenten und der Kanzlerin mit Michelle Bachelet, der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, steht in New York ganz im Zeichen des Klimagipfels. "Menschenrechte sind im Zusammenhang mit der Klimakrise von großer Bedeutung", betont der Bundespräsident im Gespräch mit Bachelet. Denn unter anderem die Menschenrechte auf Nahrung, Wasser und Gesundheit würden in den ärmsten Ländern, die zwar kaum zum Klimawandel beitragen, jedoch jetzt schon am meisten darunter leiden, immer stärker gefährdet.

In New York zeigt sich Van der Bellen allerdings zuversichtlich, dass der Klimagipfel eine wichtige Etappe im Kampf gegen die Erderwärmung sein kann. "Auch auf Grund der Fridays for Future-Bewegung wird es für Politiker immer schwieriger, die Klimaentwicklung zu ignorieren.", meint der Bundespräsident. "Der Druck wird immer stärker, mehr und schneller etwas zu unternehmen."