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Nach Mugabe ist Simbabwe erneut abgestürzt

Von Klaus Huhold

Politik

Große Hoffnung war mit dem Fall des Langzeitherrschers verbunden. Doch die erste Bilanz der Zeit danach ist düster.


Nun wird Robert Mugabe doch in seinem Heimatdorf Kutama begraben. Das war laut seiner Familie sein Wunsch, weil Simbabwes Langzeitherrscher enttäuscht war, dass er im Herbst 2017 von seinen einstigen Weggefährten aus der Staatspartei Zanu-PF und dem Militär gestürzt worden war. Staatschef Emmerson Mnangagwa wollte Mugabe am Heldenfriedhof in der Hauptstadt Harare bestattet sehen, um ihn dort als Freiheitshelden verehren zu lassen.

Mnangagwa und seine Entourage haben angeblich dafür der Witwe Grace Mugabe, ihren beiden Söhnen und der restlichen Familie versprochen, dass sie ihre Reichtümer behalten dürfen. Um wie viel es sich dabei genau handelt, ist unklar. Das ins Ausland gebrachte Vermögen der Mugabes wird auf eine Milliarde Dollar geschätzt, zudem sollen sie laut Medienberichten 14 Farmen besitzen. In der Hauptstadt Harare bewohnen sie immer noch ein Anwesen mit 25 Zimmern, das der Zanu-PF-Partei gehört. Wie es nun mit dem Mugabe-Vermögen weitergeht, wenn der verstorbene Patriarch doch in seinem Heimatort seine letzte Ruhestätte findet, ist unklar, Armut braucht die Familie aber nicht zu fürchten.

Nicht nur diese bizarre Episode verdeutlicht, dass die Vergangenheit in Simbabwe mit dem Tod von Mugabe noch lange nicht begraben ist. Weiter lebendig ist unter Mugabes früherem Sicherheitsminister Mnangagwa auch die politische Repression. Regierungsgegner werden verschleppt, das Militär hat an Einfluss gewonnen, und die Sicherheitskräfte schießen scharf: Bei Unruhen im Jänner wegen der erhöhten Spritpreise wurden laut Simbabwes Menschenrechtsforum mindestens zwölf Menschen getötet und 78 weitere wegen Schussverletzungen behandelt.

Wirtschaftlich geht es ebenfalls bergab, die Inflation ist in dem bitterarmen südafrikanischen Land zurück, allein im August betrug sie im Jahresvergleich 300 Prozent, was das Land im globalen Bereich zu einer traurigen Nummer eins macht. Die Opposition spricht daher davon, dass die Bürger Simbabwes noch immer im selben Bus sitzen würden, in dem lediglich der Fahrer ausgetauscht wurde.

"Man kann aber darüber diskutieren, wie sehr Mnangagwa für die wirtschaftliche Lage verantwortlich ist", sagt Derek Matyszak, ein unabhängiger Berater für Regierungsführung, der in Harare lebt. "Meiner Ansicht nach hat ihm die Mugabe-Administration ein großes Loch hinterlassen, aus dem er nur schwer hinausklettern kann." Finanzminister Mthuli Ncube, ein Technokrat, habe Reformen erlassen, die aus der Krise führen sollten. "Doch leider sabotieren Teile der Regierung die Reformen", sagt Matyszak der "Wiener Zeitung".

So hat etwa die Firma Sakunda, die der Großimporteur von Treibstoff ist, aber auch im Landwirtschats- oder Infrastrukturbereich Geschäfte macht, von der Nationalbank ausgegebene Anleihen zu viel besseren Konditionen eintauschen können als andere Marktteilnehmer. Das hat die Inflation noch einmal verstärkt.

Keiner weiß, was mit den Geldern passiert

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Sakunda beste Beziehungen in Regierungskreise und zum Militär hat. Der Sakunda-Deal hat laut der Nachrichtenagentur Reuters zu einer heftigen Beschwerde des Internationalen Währungsfonds geführt. Dieser vergibt zwar vorerst wegen der politischen Repression und ausbleibenden Reformen keine Kredite an Simbabwe, steht aber in Verhandlungen mit dem Land.

"Darüber hinaus sollte Simbabwe über Exporte rund 400 Millionen Dollar monatlich einnehmen", sagt Matyszak. "Das sollte ausreichen, um benötigte Lebensmittel, Medizin und Treibstoff zu importieren und die Stromversorgung zu verbessern."

Die Lage ist aber eine ganz andere: "Für Benzin müssen wir uns hier lange anstellen. Medikamente gibt es nicht genügend im Land. In den Wohnvierteln von Harare wird täglich 18 Stunden der Strom abgedreht", berichtet er. Kein Mensch wisse, was mit den Fremdwährungseinnahmen geschieht. "Es gibt keinerlei Transparenz, die Nationalbank veröffentlicht keinerlei Belege, wofür sie wie viel ausgibt."

Die Folge der Misere ist eine große soziale Frustration. Nicht nur können sich die Bürger immer weniger von ihren Gehältern leisten. Simbabwe ist auch von einer Dürre betroffen, die Lebensmittel werden immer knapper, die Not wird immer größer.

"Die Menschen sind enorm unglücklich darüber, dass die Wirtschaft erneut abstürzt, und geben Mnangagwa die Schuld dafür", berichtet Matyszak. "Je verzweifelter die Menschen werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es zu sozialen Unruhen kommt. Die Machthaber sind sich darüber voll im Klaren. Deshalb antworten sie auch auf alle Demonstrationsversuche mit derartiger Brutalität."

Tatsächlich ist es so, dass die Bürger Simbabwes riskieren, verschleppt, gefoltert oder erschossen zu werden, wenn sie Proteste wagen. Ein Beispiel dafür ist Peter Magombeyi. Der Arzt und Gewerkschafter war im September für mehrere Tage verschleppt worden, nachdem er Proteste gegen die medizinische Unterversorgung angeführt hatte.

"Eigentlich hat das Land fantastische Voraussetzungen"

Freigekommen ist er auch deshalb, weil seine Kollegen sich nicht einschüchtern haben lassen und weiter für ihn demonstrierten. Und generell hat es das Regime derzeit nicht so leicht, seine Gegner klein zu halten. Nach Jahren interner Streitigkeiten sei die Opposition endlich geeint, berichtet der Innsbrucker Politologe Armin Rabitsch, der jahrelang in Simbabwe gelebt und das Land erst kürzlich wieder besucht hat. "Zudem besteht auch ein ökonomischer Druck auf die Regierung, mit der Opposition zusammenzuarbeiten." Dann würde sie nämlich viel leichter internationale Gelder bekommen.

Bei einem Vortrag im Kooperationszentrum Südliches Afrika (Sadocc) in Wien verweist Rabitsch darauf, dass es trotz der offensichtlichen Krise auch Punkte gibt, die eine Perspektive für eine bessere Zukunft geben. So sei das Land sehr fruchtbar und die Bevölkerung gut ausgebildet. Außerdem würden die vier Millionen Auslandssimbabwer ein großes Potenzial vereinen, das sie in ihrer Heimat einbringen könnten. "Simbabwe hat eigentlich fantastische Voraussetzungen für eine positive Entwicklung", sagt Rabitsch.