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Globale Treibhausgas-Emissionen steigen langsamer an

Von Ronald Schönhuber

Klimawandel

Der Kohle-Rückgang in den USA und der EU macht sich in den CO2-Bilanzen klar bemerkbar. Vor 2030 dürften die Emissionen aber nicht sinken.


Madrid/Stanford. Dass es bei der mittlerweile zum 25. Mal stattfindenden Weltklimakonferenz gute Nachrichten gibt, kommt nicht allzu häufig vor. Denn im Regelfall prägen bei den unter der Schirmherrschaft der UNO stehenden Mammuttreffen alarmierende Zustandsbeschreibungen des Planeten das Bild. So sind etwa die Jahre von 2010 bis 2019 laut dem am Dienstag in Madrid präsentierten Klima-Statusreport der Weltwetterorganisation WMO das heißeste Jahrzehnt seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1850 gewesen.

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Doch zumindest in einigen Teilbereichen zeichnet sich auch ein zarter Hoffnungsschimmer ab. So sind die weltweiten Treibhausgasemissionen laut dem an der Universität Stanford angesiedelten Global Carbon Project zuletzt deutlich weniger stark gestiegen. Nach einem Plus von 1,5 beziehungsweise 2,1 Prozent in den Jahren 2017 und 2018 prognostizieren die Wissenschaftler für 2019 nun eine Zunahme von 0,6 Prozent.

Erdgas verdrängt Kohle

Zu verdanken ist die Verlangsamung vor allem dem nicht nur in Europa, sondern auch in den USA massiv zurückgegangenen Verbrauch von Kohle. Denn entgegen dem erklärten Wunsch von US-Präsident Donald Trump, der die Kohle wieder groß machen will, setzt sich auch in den Vereinigten Staaten das kostengünstigere und deutlich klimafreundlichere Erdgas zunehmend als Energieträger durch. Im Vergleich zum Höhepunkt im Jahr 2005 kommt heute in den USA um 50 Prozent weniger Kohle zum Einsatz.

Der Verbrauch von Kohle, der für 40 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich ist, hat sich aber auch in den Schwellen- und Entwicklungsländer verlangsamt. In China betrug der auch durch die schwächere Konjunkturentwicklung deutlich geringer ausgefallene Anstieg 0,8 Prozent, in Indien lag der Zuwachs bei 2 Prozent.

Doch viel mehr als ein dünner Silberstreif am Horizont ist auch das nicht. "Der unerwartete Rückgang beim Kohleverbrauch hat zwar zu einer Verlangsamung der Emissionen im Jahr 2019 geführt", sagt Glen Peters, Forschungsdirektor am Center for International Climate Research in der norwegischen Hauptstadt Oslo. "Aber diese Abnahme reicht bei weitem nicht aus, um das robuste Wachstum bei Öl und Erdgas wettzumachen."

Anstieg in China und Indien

Dass die Rückgänge in einem Bereich die Zuwächse anderswo nicht ausgleichen können, sehen die Forscher aber nicht nur bei den Energieträgern. So dürften die CO2-Emissionen in den USA und in Europa heuer zwar um 1,7 Prozent sinken. In den auf ihr Recht auf Entwicklung pochenden Schwellenländern China und Indien wird es ersten Schätzungen zufolge aber 2019 einen Anstieg von 2,6 beziehungsweise 1,8 Prozent geben. Und auch im Rest der Welt, wo die Pro-Kopf-Emissionen noch immer deutlich unter jenen in Europa und den USA liegen, wird es zumindest niedrige Zuwächse geben.

Laut den Projektionen der Wissenschaftler des Global Carbon Projects werden die globalen Emissionen ohne ein entschiedenes Umsteuern der Politik daher wohl noch bis zum Jahr 2030 weiter ansteigen. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, mit dem die Erderwärmung auf ein noch halbwegs verträgliches Maß begrenzt werden soll, müsste die internationale Staatengemeinschaft ihre Emissionen dem UN-Umweltprogramm Unep zufolge im kommenden Jahrzehnt jedoch um jährlich 2,7 Prozent senken. Für das 1,5-Grad-Ziel, das viele Experten mittlerweile als unumgänglich halten, sind sogar 7,6 Prozent pro Jahr notwendig.(rs)