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Afrikas Sorge vor dem Coronavirus

Von WZ-Korrespondentin Simone Schlindwein

Politik

Auf dem Kontinent mit der schlechtesten Gesundheitsversorgung haben insbesondere Staaten in Ost- und Zentralafrika ihre Präventionsmaßnahmen verstärkt.


Noch vor der Passkontrolle werden die Passagiere bei der Ankunft am internationalen Flughafen von Ruandas Hauptstadt Kigali von Angestellten des Gesundheitsministeriums abgefangen. Ein junger Mann mit Gesichtsmaske und weißem Schutzkittel wischt über das Display eines Tablets: "Waren Sie in den vergangenen zwei Monaten in China?", fragt er. "Haben Sie Symptome von Fieber oder Husten?" Nur wer alle Fragen mit Nein beantwortet, wird durchgelassen. Die Angestellten der Immigrationsbehörde, Polizisten und selbst die Kofferträger tragen ebenfalls Gesichtsmasken.

Seit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus und dem ersten bestätigten Fall auf dem afrikanischen Kontinent, in Ägypten, werden jetzt auch die Präventionsmaßnahmen in Ost- und Zentralafrika verstärkt. Microsoft-Gründer Bill Gates, der sich mit seiner Stiftung für eine bessere Gesundheitsversorgung in Afrika einsetzt, warnte noch vor Bekanntwerden des Falls in Ägypten Mitte Februar vor möglicherweise zehn Millionen Toten durch das Virus in Afrika, dem Kontinent mit der schwächsten Gesundheitsversorgung weltweit.

Ebola-Ausbruch 2014 forderte 11.000 Tote

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat versichert, sie werde eng mit Afrikas Gesundheitsbehörden zusammenarbeiten, um eine Verbreitung des Coronavirus in Afrika zu verhindern. Die WHO "hat Richtlinien an alle Gesundheitsministerium in der afrikanischen Region geschickt, um die Schwierigkeiten zu unterstreichen, mit welchen sie sich auseinandersetzen müssen", so Michael Yao, WHO-Beauftragter für Notfallbekämpfung in Afrika. "Das Risiko ist hoch für Afrika."

Der Ausbruch des tödlichen Ebolavirus in Westafrika 2014 hat damals mehr als 11.000 Menschen das Leben gekostet. Rückblickend wurde hier klar: Ausbrüche von tödlichen Krankheiten in dicht besiedelten Ländern mit schwacher oder gar unzureichender Gesundheitsversorgung hat viel schlimmere Folgen als im Westen. Deswegen müssen jetzt Anstrengungen verstärkt werden, damit das Coronavirus sich nicht in Afrika verbreite, so die WHO.

China unterhält mit fast allen afrikanischen Ländern enge Beziehungen, zahlreiche chinesische Baufirmen und Arbeiter sind in Afrika tätig. Und Afrikaner reisen nach China, um Waren zu importieren. Zahlreiche afrikanische Fluggesellschaften haben deswegen bereits in den vergangenen Wochen ihre Direktflüge nach China eingestellt.

Welche Sorgen ob der Direktflüge zwischen Afrika und China herrschen, zeigte ein Vorfall in Südsudans Hauptstadt Juba. Chinesische Soldaten sind dort im Rahmen der UN-Friedensmission UNMISS stationiert. Als ein Flugzeug mit chinesischen Diplomaten zur Stippvisite bei den Truppen in Juba landete, flüchteten sämtliche Flughafenangestellte aus Angst, auch diejenigen, die Temperatur messen sollten. Die WHO hat daraufhin Virus-Testgeräte installiert. "Wenn nur ein einziger Fall nach Südsudan importiert wird, dann wird das ein Desaster", sagt Südsudans Gesundheitsminister Riak Gai Kok.

Afrikas größte Fluglinie, Ethiopian Airlines, fliegt allerdings noch gen China. Sie hat lediglich die Zahl der Flüge reduziert und ist aufgrund der niedrigen Nachfrage teils auf kleinere Maschinen umgestiegen. Dafür wurde die äthiopische Staatsgesellschaft von Kenias Präsident Uhuru Kenyatta kritisiert: "Unsere Sorge ist nicht, dass China die Krankheit nicht managen kann, sondern, dass sie in Regionen vordringt, wo es schwache Gesundheitssysteme gibt, so wie bei uns". Die äthiopische Gesundheitsbehörde hat jedoch mitgeteilt, dass sie alle Passagiere, die aus Wuhan, dem Epizentrum des Virus, ankommen, in Quarantäne unterbringe, um die Einschleppung der Krankheit zu verhindern.

Wie in Äthiopien gibt es auch in Kenia mehrere Corona-Verdachtsfälle. Es handelt sich dabei um Kenianer, die aus China zurückgekehrt waren. Kenias Regierung hat angekündigt, kenianische Studenten von der Universität in Wuhan zu evakuieren und sie direkt bei der Ankunft in eine 14-tägige Quarantäne unterzubringen.

Kontrollen zu anderen Krankheiten werden laxer

Ugandas Botschafter in China hat hingegen von Evakuierungsflügen abgeraten. Über 70 ugandische Studenten sitzen in verschiedenen Städten Chinas fest. Der Grund, so Crispus Kiyonga: "Es ist besser, die Studenten an ihren Universitäten zu lassen, während die Regierung den Ausbruch unter Kontrolle bringt, anstatt das Risiko einzugehen, das Virus weiter zu verbreiten."

An Ugandas internationalem Flughafen in Entebbe wurden die Gesundheitskontrollen ebenfalls verstärkt. Seit dem Ausbruch des tödlichen Ebolavirus in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo 2018, woran 2250 Menschen starben, sind dort im Ankunftsbereich Kameras installiert, die bei jedem Passagier die Temperatur feststellen. Diese helfen nun mit Blick auf das Coronavirus.

Gleichzeitig werden jetzt aber die Kontrollen bezüglich Ebola und anderer Krankheiten wie Gelbfieber laxer. Die Überprüfung des Impfpasses auf Gelbfieberimpfung war bisher üblich. Doch dies fällt jetzt weg. Dabei brach das tödliche Gelbfieber im Mai vergangenen Jahres erneut aus, drei Menschen sind bisher daran gestorben.