Wie es mittel- und langfristig weiter geht, kann niemand vorhersagen, der auch nur halbwegs bei Trost ist – aber immerhin, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt bleibt in punkto amerikanisches Demokratie-Modell (fast) alles beim alten. Während die USA aufgrund der haarsträubenden Versäumnisse der Trump-Administration ihrer größten Gesundheitskrise seit dem Ausbruch der Spanischen Grippe vor rund hundert Jahren entgegen taumeln, fanden am Dienstag in drei Bundesstaaten die Vorwahlen der Demokratischen Partei zum Zweck der Kür ihres Präsidentschaftskandidaten statt. Nämlicher, so lässt sich nunmehr vorbehaltlich des Einflusses jeglicher höherer Gewalt bestimmt sagen, wird Joe Biden heißen.
Der 77-jährige Ex-Vizepräsident von Barack Obama räumte am St. Patrick's Day alles ab, was es zu holen gab. Namentlich waren das Siege in Florida, Illinois und Arizona. In Ohio war der Wahltag mit Verweis auf den Coronavirus-Notstand abgesagt worden. Der Grund, warum die Behörden in den erstgenannten Bundesstaaten trotz der sich auch dort täglich verschlimmernden Lage mit der Abhaltung der Primaries fortfuhren, lag vor allem daran, dass Millionen dort lebender US-Bürger ihre Stimme bereits zu einem Zeitpunkt per Brief abgegeben hatten, als Trump noch darauf bestanden hatte, dass der Corona-Virus und die von ihm ausgelöste Krankheit Covid-19 kein Problem darstellten und, Zitat, "auf magische Weise einfach verschwinden werden." Wie hoch der Preis sein wird, den die Amerikaner für diesen Irrsinn und die daraus resultierende, praktisch bis Anfang vergangener Woche anhaltende Nicht-Reaktion der Trump-Administration bezahlen müssen, lässt sich noch nicht abschätzen.
Sanders punktete bei Unter-30-Jährigen
Im Gegensatz zu dem 73-jährigen Ex-Reality-TV-Star geht sein künftiger Kontrahent politisch gestärkt in die kommenden Monate. Wie schon vergangene Woche, als er am sogenannten "kleinen Super Tuesday" selbst in den vermeintlichen Hochburgen seines letzten verbliebenen Kontrahenten Bernie Sanders reüssieren konnte (Michigan! Washington!), hängte Biden den Senator von Vermont auch diesmal nahezu allerortens deutlich ab; und wie schon fast überall anderswo zuvor zeigte sich auch an diesem Wahltag das gleiche Muster. Während Sanders bei den Unter-30-Jährigen quer durch die Bank teilweise weit über 50 Prozent einheimste, machte Biden diesen Vorteil mit den Stimmen von Afroamerikanern, weißen Stammwählern der Partei sowie wohlhabenderen Anhängern aus den Vororten der großen Städte mehr als locker wett. Dementsprechend fiel sein Vorsprung auch nirgendwo anders so groß aus wie in dem bei Rentnern – noch – extrem beliebten Florida. (Eingedenk des fortdauernden Mismanagements der Coronavirus-Krise durch den konservativen Gouverneur Ron DeSantis, der sich mit Trumps Segen bis zuletzt weigerte, die öffentlichen Strände zu schließen, werden dort in den kommenden Wochen und Monaten zahlreiche Neu-Erkrankungen erwartet.)
Mit 219 Delegiertenstimmen war Florida auch der mit Abstand größte Fisch, den es an diesem Wahltag zu filetieren galt. Nach einem Auszählungsstand von fast hundert Prozent hielt Biden dort bei rund 62 Prozent, Sanders bei 22. In Illinois stand es am späten Abend 60 zu 36, und in Arizona 42 zu 30. Nachdem die Entscheidung darüber, wen die Demokraten ins Rennen um die plangemäß am 3. November stattfindende Wahl schicken, nunmehr praktisch gefallen ist, bleiben drei entscheidende Fragen weiter offen.
Drei entscheidende Fragen
Erstens: Falls Sanders, der am Abend keine eindeutige Stellungnahme zu den Ergebnissen abgab, trotz allem weiter im Rennen um die Nominierung bleibt, wie lange noch?
Zweitens: Wer wird die Frau sein, die Biden zur Vizepräsidentschaftskandidatin machen wird? (Im Rahmen der letzten Fernsehdebatte am vergangenen Sonntag hatte er gelobt, auf jeden Fall eine Frau dafür vorzuschlagen.)
Und drittens: Wer kann angesichts der sich täglich in mittlerweile jedem einzelnen der 50 US-Bundesstaaten verschärfenden Gesundheitskrise garantieren, dass es – siehe Ohio – überhaupt zu Präsidentschaftswahlen kommen wird? Die überwältigende Mehrheit der amerikanischen "Poll Workers" – jenen oftmals freiwilligen Helfern, die für den geregelten Ablauf einer Wahl sorgen und beim Stimmen zählen helfen – ist über 60 Jahre alt.