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Hilfe mit Hintergedanken

Von Alexander Dworzak und Michael Schmölzer

Politik
Leiharbeiter in Weiß: kubanische Ärzte bei ihrer Ankunft in Mailand, einem Zentrum der Corona-Krise in Europa.
© reuters/Mascolo

Warum China, Russland und Kuba öffentlichkeitswirksam Corona-geplagte Staaten unterstützen.


Das Blatt hat sich gewendet: Noch im Februar, die Corona-Krise schien fern von Europa und der Blick war ganz auf China gerichtet, wurde das Krisenmanagement in der Volksrepublik heftig kritisiert. Symbolhaft dafür stand der Tod von Li Wenliang. Der Arzt erkannte frühzeitig die Gefahr des Virus und warnte Kollegen. Statt Dank zu erhalten, musste er nach Druck der Lokalbehörden schweigen. Im Alter von nur 34 Jahren erlag der Mediziner dem Coronavirus.

Von Li Wenliang spricht heute niemand mehr in Europa. Dafür von Schutzmasken, Beatmungsgeräten und Schnelltests, welche die Volksrepublik an notleidende Staaten verschickt. Bundeskanzler Sebastian Kurz richtete per Twitter einen "besonderen Dank" für 20 Millionen Schutzmasken an China, der serbische Präsident Aleksandar Vucic redete gar von "chinesischen Brüdern". In Tschechien nahmen gleich drei Minister einen Militärflieger mit Schnelltests in Empfang. Später sollte sich herausstellen, dass laut der Chefin des Hygieneamtes aus Ostrau fast 80 Prozent ein falsches Ergebnis anzeigten, berichtete der MDR.

Doch Nachrichten wie diese gehen unter angesichts der wirkmächtigen Bilder vom Entladen der kostbaren Fracht an den Flughäfen. Sie sind Goldes wert für das KP-Regime, das ebenso die Philippinen und Pakistan beliefert, Ärzte in den Iran und den Irak geschickt und Sri Lanka die Kreditrückzahlung verlängert hat. Auch afrikanische Staaten - am Kontinent ist China seit Jahren hochaktiv - werden beliefert.

Kritik an China wird nur noch aus dem Weißen Haus laut. Und auch dabei findet US-Präsident Donald Trump ebenso wenig eine klare Linie wie bei der Bekämpfung der Corona-Krise daheim. Mal provoziert er seinen Amtskollegen Xi Jinping, indem er vom "chinesischen Virus" spricht. Dann twittert Trump: "Wir arbeiten eng zusammen. Großer Respekt!" Das Coronavirus verdeckt auch, dass sich beide Staaten in einem Handelsstreit befinden, der längst nicht ausgestanden ist.

"Liebesgrüße aus Russland" nach Italien

Als Helfer in der Not präsentiert sich ebenso der russische Präsident Wladimir Putin: Am Donnerstag ist eine Delegation aus 104 Militär-Krankenpflegern und -Ärzten in der von der Corona-Krise am stärksten gebeutelten lombardischen Stadt Bergamo eingetroffen. Die Sanitäter und Ärzte sollen in einem provisorischen Krankenhaus eingesetzt werden, das auf dem Messegelände der Stadt aufgebaut wird und kommende Woche in Betrieb geht.

Außerdem entsandte Moskau Hilfsgüter zur Bekämpfung der Krise. In den per Flieger und Lkw herangeschafften Kisten befanden sich technische Geräte zur Diagnostik und zur Desinfektion. Der Vizepräsident der Region Lombardei, Fabricio Sala, bedankte sich umgehend für die Hilfe in einer Situation, die für das italienische Gesundheitssystem mehr als verzweifelt ist.

Die Kooperation läuft unter dem Motto "From Russia with Love" und war am vergangenen Wochenende von Italiens Premier Giuseppe Conte und Russlands Präsident Wladimir Putin telefonisch vereinbart worden. Russland wird nach der widerrechtlichen Annexion der Krim von der EU geschnitten und mit Sanktionen bestraft. Nun sieht Putin offenbar die Chance, dass die Isolation seines Landes in Frage gestellt wird. Der fallende Erdöl-Preis macht Moskau zuletzt wirtschaftlich stark zu schaffen.

In Russland selbst sind mittlerweile Cafés und Restaurants geschlossen worden. Corona-positiv sind offiziell knapp 900 Personen, doch die Zahl gilt als nicht zuverlässig.

Aufhebung internationaler Sanktionen gefordert

Nicht nur Russland übt sich in solidarischem Beistand, die Karibikinsel Kuba ist geradezu spezialisiert auf derartige Fälle. So befinden sich seit einer Woche 52 kubanische Mediziner in der Lombardei - Unterstützung aus einer der letzten kommunistischen Hochburgen, die verzweifelt gebraucht wird.

Wobei kubanische Ärzte im Auftrag ihrer Regierung in 60 Staaten tätig sind. 2014 konnten sie sich in Afrika im Kampf gegen Ebola auszeichnen. Überall dort, wo das Gesundheitssystem mit den gegebenen Herausforderungen nicht zurechtkommt, helfen gut ausgebildete Kubaner.

Der Service ist selbstverständlich nicht gratis, sondern teuer: 2018 nahm Kuba durch die Entsendung von medizinischen Arbeitskräften 6,4 Milliarden Dollar ein. Wobei die Arbeitsbedingungen der kubanischen "Helden in Weiß" selbst schlecht sind. Ein Großteil ihres Lohns bekommt der Staat, Kritiker sprechen von "Ausbeutung".

Für ihre Dienste werden sowohl China als auch Russland und Kuba mehr als Direktzahlungen im Auge haben. China etwa könnte mittelfristig für sein gigantisches Projekt der "Neuen Seidenstraße" vorteilhaftere Verträge bei den Handelspartnern einfordern. Bereits jetzt zeigen sich die Bemühungen, Kapital zu schlagen: Eine Gruppe von acht Staaten forderte in einem Brief UN-Generalsekretär António Guterres auf, er solle sich dafür einsetzen, dass internationale Sanktionen sofort und vollständig aufgehoben werden. Zu den Unterzeichnern zählten auch China, Russland und Kuba.