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Die großzügigen Staaten werden strenger

Politik

Singapur, Japan und Schweden wollten die Krise mit wenig Einschränkungen bewältigen. Doch das ändert sich nun offenbar.


Singapur/Tokio. Zum Friseur ums Eck können die Bewohner Singapurs noch gehen. Den mit viel Haargel gefestigten Irokesenschnitt à la David Beckham können sie sich aber nicht mehr schneiden lassen. Denn aufwendige Frisuren müssen die Coiffeure unterlassen, die Kunden sollen möglichst wenig Zeit im Geschäft verbringen. Damit wurden die Friseure, wenn auch eingeschränkt, zu den essenziellen Diensten gezählt, die ab Dienstag in dem asiatischen Stadtstaat noch geöffnet haben dürfen. Sonst bleiben noch Lebensmitteläden und Banken geöffnet. Auch die Schulen werden vorerst geschlossen.

Dabei wollte Singapur mit möglichst wenig Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Corona-Krise bewältigen. Stattdessen wurden Flüge aus China schnell eingeschränkt, Infizierte in streng überwachte Quarantäne gesetzt und mit den Mitteln von Big Data deren sozialen Kontakte aufgespürt. Damit hatte Singapur auch Erfolg und wurde als internationales Vorbild genannt.

Doch nun hat die zweite Welle Singapur voll erwischt. Rund 1300 Infektionen und sechs Tote wurden bis Montag gezählt. Das sind noch nicht so viel Fälle, doch die Kurve zeigt steil nach oben. Premier Lee Hsien-long wandte sich deshalb in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung mit der Aufforderung, die Maßnahmen genauestens einzuhalten - und meinte damit auch den empfohlenen Sicherheitsabstand. Das ist nämlich eine Theorie, warum Singapur nun die zweite Welle trifft: Dass die Bewohner ob der anfänglichen guten Zahlen leichtsinnig geworden sind. Eine zweite Theorie besagt, dass vor allem Heimkehrer - Singapurer und ausländische Staatsbürger - das Virus nun eingeschleppt haben.

So gibt es unter Wanderarbeitern viele Infizierte. Die Regierung setzt nun 20.000 von ihnen unter Quarantäne. Diese leben oft dicht gedrängt und haben Angst. "Wenn jemand in diesem Raum oder Wohnblock infiziert ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis man sich ansteckt", sagte ein Arbeiter aus Bangladesch der Nachrichtenagentur Reuters. Er teilt sich mit elf Personen ein Zimmer.

Ausnahmezustand in Japan

Neben Singapur will auch Japan, wo es bisher ebenfalls wenig Einschränkungen gab, seine Maßnahmen verschärfen. So wird Premier Shinzo Abe am Dienstag den Ausnahmezustand für Tokio, Osaka und fünf weitere Präfekturen verkünden. Das gibt den örtlichen Behörden das Recht, Schulen und Geschäfte zu schließen. Japan hat bisher mehr als 3600 Fälle gezählt und 85 Tote registriert.

Auch in Schweden - das Land, das in Europa bisher am stärksten auf Eigenverantwortung setzte - zeichnet sich eine Wende ab. Die Regierung verhandelt mit der Opposition über Notstandsbefugnisse. Damit könnten nun Restaurants, Einkaufszentren oder Volksschulen doch geschlossen werden. Die Zahlen bringen die Verantwortlichen in Bedrängnis: Bisher gab es rund 6000 Infektionen. Knapp 400 Menschen sind gestorben, etwa ebenso viele liegen auf der Intensivstation. "Tausende werden sterben", sagte Premier Stefan Löfven der Zeitung "Dagens Nyheter".(klh)