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Der übergewichtige Raucher Kim Jong-un

Von Klaus Huhold

Politik

Laut Medienberichten ist Nordkoreas Diktator schwer erkrankt. Ob das stimmt, ist unklar. Offensichtlich ist aber, dass er generell nicht bei bester Gesundheit ist.


Nordkorea hat schnell auf das Coronavirus reagiert: Als erstes Land hat es am 21. Jänner offiziell sämtliche Grenzen geschlossen. Die Grenze zu Südkorea galt aber ohnehin schon zuvor als die am stärksten bewachte der Welt. Auch der nur 17 Kilometer lange Grenzstreifen zu Russland entlang des Flusses Tumen kann leicht bewacht werden. Am durchlässigsten war bisher der 1.420 Kilometer lange Übergang zu China. Aber auch hier wollen die Behörden alle Lücken geschlossen haben. Darüber hinaus hat das Regime alle Ausländer im Land einen Monat unter Quarantäne gestellt.

Inwieweit sich das Coronavirus in dem 25-Millionen-Einwohner-Staat nun ausgebreitet hat, kann nur schwer festgestellt werden. Offiziell gibt es keinen einzigen Covid-19-Fall. Das südkoreanische Nachrichtenportal "Daily NK", das nordkoreanische Flüchtlinge und Überläufer beschäftigt, berichtete aber, dass allein an der Grenze zu China 180 Soldaten Fiebersymptome gezeigt hätten und verstorben seien. Und laut Radio Free Asia, das sich auf zwei Insider beruft, haben innerhalb Nordkoreas die Behörden sehr wohl Corona-Fälle vermeldet.

Genaues weiß man jedenfalls nicht. Kein Land ist derart abgeschottet wie Nordkorea, bei keinem Land mischen sich derart Propaganda und Spekulation. Deshalb sind Diplomaten, Politologen und Berichterstatter zumeist darauf angewiesen, aus Indizien ein Puzzle zusammenzusetzen, das der Wirklichkeit möglichst nahe kommen soll. Das gilt auch für einen anderen, international und für das Land gesundheitspolitisch bedeutenden Fall: Staatsführer Kim Jong-un ist angeblich erkrankt.

Widersprüchliche Berichte zu Kims Zustand

Laut CNN befindet sich Kim nach einer Herzoperation sogar in "ernsthafter Gefahr". Der US-Nachrichtensender berief sich dabei auf einen Regierungsbeamten, der entsprechende geheimdienstliche Informationen habe. Auch "Daily NK" hatte unter Berufung eines Informanten aus Nordkorea vermeldet, Kim sei am 12. April am Herzen operiert worden. Nach dem Eingriff erhole er sich wieder. Es werde vermutet, die Operation sei infolge von Kims Übergewicht sowie seiner Rauchgewohnheiten, "Überarbeitung" und anderer Faktoren nötig gewesen. Viel zurückhaltender war allerdings das südkoreanische Präsidialamt: Es gebe keine Anzeichen für ernste gesundheitliche Probleme Kims, verlautete aus Seoul.

Der Gesundheitszustandes des Diktators ist jedenfalls eines der bestgehüteten Staatsgeheimnisse Nordkoreas. Ein Umstand spricht allerdings dafür, dass Kim momentan tatsächlich nicht ganz auf der Höhe sein dürfte: Er war am 15. April nicht bei den Feierlichkeiten zum 108. Geburtstag seines verstorbenen Großvaters und "Ewigen Präsidenten" Kim Il-sung zu sehen. Sonst lässt Kim Jong-un keine Gelegenheit aus, sich propagandistisch in die Nähe des Staatsgründers zu stellen, auf dessen Erbe sich der 36-jährige Diktator beruft.

Offensichtlich ist auch, dass es um Kim Jong-uns Gesundheit schon länger nicht zum Besten steht. Der Staatschef ist übergewichtig und offenbar auch ein Kettenraucher. Bei den Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump - der ihm nun "alles Gute" wünschte - und Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in kam Kim, wie Tonaufnahmen belegen, schon außer Atem, wenn er nur ein paar Stufen hinaufsteigen musste.

Deshalb blühen jetzt schon die Spekulationen, wer Kim eines Tages nachfolgen könnte. Dies ist auch weltpolitisch von großem Interesse - ist Nordkorea doch eine bedrohliche Atommacht, die trotz aller Verhandlungen zuletzt wieder Raketentests durchgeführt hat.

Schwester wird als Nachfolgerin gehandelt

Mehr als sieben Jahrzehnte lang wurde der kommunistische Militärstaat seit seiner Gründung 1948 stets von einem Angehörigen der Kim-Dynastie regiert, die in der Propaganda auch halbgöttliche Verehrung erfährt. Als wahrscheinlichste Variante gilt daher, dass die Kims die Staatsführung in ihren Händen behalten wollen und werden.

In Frage kämen somit der ältere Bruder des Diktators Kim Jong-chol - der aber bisher politisch immer übergangen wurde und offenbar auch innerhalb des Clans als zu weich gilt. Die Kinder von Kim Jong-un - drei sollen es sein - sind wiederum zu jung.

Als aussichtsreichste Kandidatin gilt daher Kim Yo-jong, die jüngere Schwester des Diktators. Sie ist bei politisch wichtigen Ereignissen immer wieder an der Seite des Staatschefs zu sehen, und ihr Bruder hat sie erst kürzlich befördert und ins Politbüro berufen. Mit Sicherheit lässt sich aber auch bei der Nachfolgeregelung nichts sagen - Nordkorea ist auch hier eine Blackbox.