Der Verlauf der Coronavirus-Infektion von US-Präsident Donald Trump ist womöglich schwerer als vom Weißen Haus und von seinem Leibarzt zunächst eingeräumt. Reporter, die den Präsidenten normalerweise begleiten, zitierten am Samstag eine informierte Quelle, wonach die Werte des Präsidenten in den vergangenen 24 Stunden "sehr besorgniserregend" gewesen seien. Die nächsten 48 Stunden seien entscheidend.
"Wir befinden uns noch immer nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständigen Genesung", hieß es demnach. Trump selber schrieb am Samstag auf Twitter, er fühle sich gut.
Der 74-jährige US-Präsident war am Freitagabend ins Militärkrankenhaus Walter Reed in Bethesda nördlich von Washington geflogen worden. Das Weiße Haus sprach von einer Vorsichtsmaßnahme auf Empfehlung der Ärzte. Trumps Leibarzt Sean Conley sagte am Samstag am Krankenhaus: "Heute Morgen geht es dem Präsidenten sehr gut." Die ersten sieben bis zehn Tage seien die wichtigsten, um den weiteren Krankheitsverlauf zu bestimmen. "Zum jetzigen Zeitpunkt sind das Team und ich sehr zufrieden mit dem Fortschritt, den der Präsident gemacht hat."
Conley wich jedoch der wiederholt gestellten Frage aus, ob Trump im gesamten Verlauf der Infektion keinen zusätzlichen Sauerstoff bekommen habe. Derzeit sei das nicht der Fall, sagte er. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf zwei Quellen aus dem Umfeld des Weißen Hauses, dass Trump am Freitag Atemprobleme gehabt habe und seine Sauerstoffwerte gefallen seien. Das habe die Ärzte dazu veranlasst, ihm zusätzlichen Sauerstoff zu verabreichen und ihn ins Walter-Reed-Krankenhaus zu verlegen.
Kein Datum für Spitalsentlassung
Conley sagte, Trump habe in der Nacht zu Freitag Fieber gehabt, sei inzwischen aber seit 24 Stunden fieberfrei. Über die Höhe des Fiebers wollte Conley keine Angaben machen. Er sagte, Trump habe unter leichtem Husten, Nasenverstopfung und Müdigkeit gelitten. Diese Symptome besserten sich. Der Arzt Sean Dooley sagte, Trump habe am Morgen gesagt, er habe das Gefühl, er könne das Krankenhaus verlassen. Das sei "sehr ermutigend" gewesen.
Trump lobte die ihn behandelnden Pflegekräfte und Ärzte. "Mit ihrer Hilfe fühle ich mich gut", schrieb er am Samstag aus dem Krankenhaus heraus auf Twitter. In den vergangenen sechs Monaten habe es im Kampf gegen das Coronavirus große Fortschritte gegeben.
Conley hatte bereits in der Nacht zu Samstag mitgeteilt, Trump werde mit dem Medikament Remdesivir behandelt. Der Arzt sagte am Samstag, vorgesehen sei derzeit eine Behandlung über fünf Tage. Sollte dies erforderlich sein, werde Trump in dieser Zeit voraussichtlich als Patient im Krankenhaus bleiben. Das werde jeden Tag überprüft. Conley wollte kein Datum für eine Entlassung Trumps aus dem Krankenhaus angeben.
EU prüft Medikament Remdesivir
Mediziner sehen Remdesivir, das ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelt wurde, nicht als Allheilmittel bei einer Covid-19-Erkrankung, oft aber als hilfreich an. Nach Angaben des Herstellers kann es das Sterberisiko bei einem schweren Verlauf der Krankheit deutlich vermindern. Die Arzneimittelagentur der EU (EMA) nimmt den Wirkstoff inzwischen wegen möglicher Nierenkomplikationen genauer unter die Lupe. Bei einigen Patienten sollen akute Nierenprobleme aufgetreten sein, wie die Behörde erklärte.
Conley sagte, er habe empfohlen, Trump ins Walter-Reed-Krankenhaus zu bringen, damit er dort nach modernsten Maßstäben überwacht und behandelt werden könne. Für Verwirrung sorgte, dass Conley am Samstagmittag von einer 72 Stunden zurückliegenden Diagnose sprach. An anderer Stelle sagte er, das positive Testergebnis habe in der Nacht zu Freitag vorgelegen. Dann wurde auch die Öffentlichkeit informiert. Trump war am Donnerstag in New Jersey noch mit Unterstützern zusammengetroffen.
Conley sagte, der ebenfalls infizierten First Lady Melania Trump gehe es sehr gut. Bei ihr gebe es keine Anzeichen für eine Behandlung im Krankenhaus, sie erhole sich zu Hause.
Bei Coronavirus-Infektionen steigt laut Studien das Risiko einer schweren Erkrankung ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Als weitere Risikofaktoren gelten Vorerkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck sowie Übergewicht. Zu Trumps generellem Zustand wird einmal im Jahr ein Gesundheitscheck veröffentlicht. Leibarzt Conley schrieb im jüngsten Bericht Anfang Juni, der Präsident sei gesund.
Immer mehr Infektionen in Trumps Umfeld
Nach der Coronavirus-Infektion von US-Präsident Donald Trump werden immer mehr Ansteckungen in seinem Umfeld bekannt. Auch Trumps Wahlkampfchef Bill Stepien wurde positiv auf das Virus getestet, wie das Wahlkampfteam am Samstag bestätigte. Trump wurde weiter im Militärkrankenhaus Walter Reed in Bethesda nördlich von Washington behandelt. Der Präsident schrieb auf Twitter aus der Klinik: "Es läuft gut, denke ich! Ich danke euch allen. Liebe!!!!"
Auch der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, ist positiv auf das Coronavirus getestet worden und wird medizinisch behandelt. Das teilte der Republikaner am Samstag ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit. Christie hatte US-Medienberichten zufolge auch an der Vorbereitung Trumps für die TV-Debatte des Republikaners mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden am Dienstag in Cleveland im Staat Ohio teilgenommen.
Mehrere Beteiligte der Vorbereitungen sind mittlerweile positiv auf Covid-19 getestet worden, darunter die enge Trump-Beraterin Hope Hicks, die frühere Trump-Beraterin Kellyanne Conway und Trumps Wahlkampfchef Bill Stepien. Unklar ist, ob der Republikaner an der nächste TV-Debatte mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden teilnehmen kann, die für den 15. Oktober geplant ist. Biden setzt seinen Wahlkampf fort.
"Niemand hat Masken getragen"
Der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie - der ebenfalls an den Vorbereitungen Trumps für die Debatte teilnahm - sagte dem Sender ABC: "Niemand im Raum hat Masken getragen." Fünf oder sechs Menschen seien anwesend gewesen. Christie erwartete nach eigenen Angaben am Samstag ein Testergebnis.
Der Fokus richtet sich auch auf eine Veranstaltung mit dem Präsidenten, bei denen viele der nun Infizierten waren: Die Vorstellung der konservativen Juristin Amy Coney Barrett als Kandidatin für den freien Posten am Supreme Court am Samstag vor einer Woche im Rosengarten des Weißen Hauses. Dort versammelten sich auf engem Raum mehr als 100 Menschen. Auf Fotos und Videos ist zu sehen, dass wenige Masken trugen oder Abstand hielten. Teilnehmer umarmten sich oder schüttelten sich die Hände.Bei mindestens sieben Teilnehmern fielen seitdem Corona-Tests positiv aus: Neben dem Präsidenten und First Lady Melania Trump sind das die frühere Trump-Beraterin Kellyanne Conway, die Senatoren Mike Lee und Thom Tillis, der Präsident der katholischen Universität Notre Dame, John Jenkins, sowie ein Reporter. Die Nachbesetzung des Richterpostens durch Barrett soll trotzdem planmäßig laufen.
Die Vereinigung der Korrespondenten im Weißen Haus teilte mit, neben dem Reporter, der bei der Veranstaltung im Rosengarten war, seien am Freitag zwei weitere Journalisten positiv getestet worden. Einer davon sei am Sonntag vor einer Woche bei einer Trump-Pressekonferenz gewesen, der andere habe zum Tross der mitreisenden Reporter bei einem Wahlkampfauftritt des Präsidenten am Tag zuvor gehört.
Engmaschige Überwachung nötig
Auch die republikanische Parteivorsitzende Ronna McDaniel hat sich mit dem Virus angesteckt. Nach Angaben der Partei erhielt sie bereits am Mittwoch ein positives Testergebnis. Die "New York Times" berichtete, McDaniel sei zuletzt am Freitag vor einer guten Woche mit Trump zusammengetroffen.
Nach den republikanischen Senatoren Lee und Tillis ließ am Samstag auch deren Kollege Ron Johnson mitteilen, er sei mit dem Coronavirus infiziert. Ein Sprecher des Republikaners teilte mit, Johnson sei in den vergangenen Wochen nicht im Weißen Haus gewesen.
Ungeachtet der Coronavirus-Pandemie hatte Trump in den vergangenen Wochen Wahlkampfauftritte teils vor Tausenden Anhängern absolviert, bei denen er stets ohne Maske auftrat. Unklar war am Freitag, wie konsequent nun die Kontaktverfolgung erfolgt. In US-Medien gab es Kritik. Für Aufsehen sorgte etwa die Entscheidung, am Donnerstagnachmittag noch zu einem Treffen mit Spendern in New Jersey zu reisen, nachdem im Weißen Haus bereits der positive Test von Trumps Beraterin Hicks bekannt war. Auch am Mittwoch hatte sich Trump im Bundesstaat Minnesota mit Spendern getroffen.
7,3 Millionen Ansteckungen
Trumps Infektion richtet wieder ein Schlaglicht auf die Pandemie, die in den USA bei weitem nicht ausgestanden ist. Mehr als 7,3 Millionen Ansteckungen sind bekannt, mehr als 208.000 Menschen starben nach einer Infektion. Kritiker machen Trump wegen seines Krisenmanagements schwere Vorwürfe. Er hatte mehrfach gesagt, das Virus werde einfach verschwinden, und Einschätzungen seiner Experten offen in Zweifel gezogen. Biden verspottete er für dessen Vorsicht in der Pandemie.Nach der Corona-Infektion Trumps will Bidens Team keine Werbespots mehr senden, die Trump negativ darstellen, ihn angreifen oder diskreditieren. Die "New York Times" und der Sender CNN berichteten unter Berufung auf das Wahlkampfteam, die Entscheidung sei bereits getroffen worden, bevor Trump ins Krankenhaus kam. Der Sprecher von Trumps Wahlkampfteam, Tim Murtaugh, warf Biden in einer Reaktion darauf vor, den Präsidenten bei einem Auftritt in Grand Rapids im Bundesstaat Ohio angegriffen zu haben. "Jetzt will Biden Anerkennung für seinen Großmut?", schrieb Murtaugh auf Twitter.
Kontrahent Biden negativ getestet
Biden spielte bei seinem Wahlkampfauftritt am Freitag auf Trumps laxen Umgang mit dem Coronavirus an, attackierte ihn aber nicht direkt. Trumps Infektion sei eine Mahnung, das Virus ernstzunehmen, sagte Biden. "Es wird nicht automatisch verschwinden." Biden rief dazu auf, in der Pandemie auf Wissenschafter zu hören, Masken zu tragen, Abstand zu halten und regelmäßig die Hände zu waschen. Bidens Arzt Kevin O'Connor hatte zuvor mitgeteilt, dass der 77-Jährige und dessen Ehefrau Jill Biden negativ getestet worden seien.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) steigt bei Coronavirus-Infektionen das Risiko einer schweren Erkrankung ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Als weitere Risikofaktoren gelten Vorerkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck sowie Übergewicht. Zu Trumps generellem Zustand wird einmal im Jahr ein Gesundheitscheck veröffentlicht. Leibarzt Conley schrieb im jüngsten Bericht Anfang Juni, der Präsident sei gesund. (reuters/afp/apa)