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Franziskus' ambivalentes Verhältnis zur Homosexualität

Von Michael Schmölzer

Politik

Der Papst macht sich in einer Doku für die Rechte Schwuler stark. In der Vergangenheit hat sich der Argentinier auf dem Heiligen Stuhl aber auch durchaus kritisch gegenüber Homosexuellen gezeigt.


In der katholischen Lehre gilt Homosexualität nach wie vor als "abweichendes Verhalten", das nicht gebilligt werden darf.

Vor diesem Hintergrund sorgt Papst Franziskus jetzt für Aufsehen. Demnach verdienen Schwulenpaare für ihre Beziehungen rechtlichen Schutz. Im Dokumentarfilm "Francesco", der am Mittwoch zum ersten Mal in Rom gezeigt wurde, spricht sich der Papst klar dafür aus, dass Schwule und Lesben, die eine Lebensgemeinschaft eingegangen sind, juristisch geschützt werden. "Homosexuelle haben das Recht auf Familie. Sie sind Kinder Gottes. Niemand darf ausgegrenzt, oder unglücklich gemacht werden. Wir müssen ein Gesetz über Lebenspartnerschaften schaffen. Damit sind Homosexuelle rechtlich geschützt. Ich habe mich dafür eingesetzt", so Franziskus wörtlich.

Mehr Respekt

In dem Film wird auch gezeigt, wie der Papst mit einem Schwulenpaar mit drei Kindern telefoniert. Franziskus reagierte damit auf einen Brief, in dem die beiden Männer erzählten, sich verlegen zu fühlen, ihre Kinder in die Kirche zu begleiten.

Die bisherige Haltung des Argentiniers zum Thema Homosexualität ist von Ambivalenzen gekennzeichnet. Vor zwei Jahren hat er in einem Interviewband des spanischen Theologen Fernando Prado gemeint, dass angehende Geistliche streng auf etwaige homosexuelle Neigungen hin geprüft werden sollten. Homosexualität sei ein "sehr ernstes" Thema. "Wir müssen strikt sein. In unseren Gesellschaften scheint Homosexualität geradezu eine Mode zu sein, und dieses Denken beeinflusst in gewisser Weise auch das Leben der Kirche", so Franziskus damals. Zugleich hat sich der Papst zu Beginn seiner Amtszeit klar für mehr Respekt gegenüber Homosexuellen ausgesprochen. "Wenn ein Mensch homosexuell ist und Gott sucht und guten Willen hat, wer bin ich, dass ich darüber urteilen kann?", so der Papst damals.

Klerus als "schwule Mafia"

Wobei die gleichgeschlechtliche Liebe in den Reihen der katholischen Würdenträger selbst ein großes Thema ist: Der frühere Papstbotschafter in den Vereinigten Staaten, Erzbischof Carlo Maria Vigano, hat vor rund einem Jahr Homosexualität im Klerus als Hauptgrund für die zahlreichen Missbrauchsskandale in der Kirche bezeichnet. So gebe es unter Bischöfen bis hinauf in die Kirchenspitze eine "schwule Mafia", die Missbrauch vertuscht und sich gegenseitig gedeckt habe. Franziskus tue aber "so gut wie nichts" gegen diese homosexuellen Netzwerke, lautet die Kritik des Erzbischofs.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. vertritt in der Frage sehr traditionelle Auffassungen, die "Homo-Ehe" ist ein Feindbild des Deutschen. "Vor hundert Jahren hätte es noch jedermann für absurd gehalten, von homosexueller Ehe zu sprechen. Heute ist gesellschaftlich exkommuniziert, wer sich dem entgegenstellt", beklagt Benedikt in seiner Anfang Mai präsentierten Biografie.

Die moderne Gesellschaft sei dabei, "ein antichristliches Credo zu formulieren, dem sich zu widersetzen mit gesellschaftlicher Exkommunikation bestraft wird". Und: "Die Furcht vor dieser geistigen Macht des Antichrist ist dann nur allzu natürlich."

Die evangelischen Christen in Deutschland vertreten hier eine weit liberalere Haltung. So können in allen Landeskirchen homosexuelle Pastoren mit ihrem standesamtlich verheirateten Partner offiziell im Pfarrhaus leben und werden in den meisten Landeskirchen besoldungsrechtlich wie Ehepaare behandelt. Auch hat die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland 2016 festgestellt, dass homosexuelle Paare gleichberechtigt sind. Somit sei auch hier eine Trauung möglich.

Verstoßen und bestraft

Weit vehementer als traditionsbewusste Katholiken lehnen Mormonen und Zeugen Jehovas Homosexualität ab. Hier werden Schwule und Lesben, wenn sie nicht abstinent leben, aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen. Zeugen Jehovas sind zudem der Ansicht, dass Homosexualität "geheilt" werden könne. Bei den Mormonen führt Homosexualität zu Bestrafung und Exkommunikation.