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Wahlen im Angesicht des Terrors in Burkina Faso

Von Klaus Huhold

Politik

Die Parlaments- und Präsidentenwahlen in Burkina Faso können in manchen Teilen des Landes gar nicht stattfinden.


Wien. Auch in Burkina Faso gibt es rote, orange und gelbe Zonen. Allerdings haben diese nichts mit Corona zu tun - das Land verzeichnete bisher, allerdings bei geringen Testkapazitäten, nur knapp 2.700 Fälle. Die Farben bilden vielmehr die Terrorlage ab. In den roten Zonen sind militante Islamisten hochaktiv, der Staat hat die Kontrolle meist verloren. Die orangen Gebiete sind hochgefährdet, in den gelben ist das Terrorrisiko geringer.

Im "Land der aufrechten Menschen" - was Burkina Faso übersetzt bedeutet - haben islamistische Milizen und Attentäter seit 2015 mehr als 1.200 Menschen getötet, rund eine Million Menschen sind nun Vertriebene im eigenen Land. Die Gewalt überschattet nun auch die Präsidenten- und Parlamentswahlen, die am Sonntag stattfinden. Denn wegen der Vertreibungen und weil die Terroristen ganze Landstriche erobert haben, können hunderttausende Bürger an der Wahl nicht teilnehmen - was aber keinen Einfluss auf ihre Gültigkeit haben wird.

Zudem zeigen sich bei diesem Thema große Unterschiede zwischen Regierung und Opposition. Die "Volksbewegung für den Fortschritt" von Präsident Roch Marc Christian Kabore will die Terroristen militärisch besiegen - und ist auf einer Linie mit der EU und vor allem mit Frankreich, mit dem sich Burkina Faso in einer Allianz gegen den Terror befindet. Die oppositionelle Union für Fortschritt und Reformen, deren Kandidat Zephirin Diabre auch als stärkster Herausforderer bei der Präsidentenwahl gilt, will mit den Dschihadisten auch verhandeln.

Fraglich ist aber, mit wem Gespräche möglich wären, inwieweit sich islamistische Kommandostrukturen überhaupt in Burkina Faso befinden. Das westafrikanische Land ist nämlich beim Terror Opfer internationaler Entwicklungen. So ist die Al Kaida aus dem Maghreb nach Burkina Faso eingesickert - und profitierte dabei vom Staatszerfall Libyens, der die Region mit Waffen überschwemmt hat. Darüber hinaus mordet der Islamische Staat Westafrikas, der aus Nigeria kam, nun auch wahllos weiter westlich.

Heimliche Besuche

Die Islamisten machen sich aber auch soziale Konflikte in Burkina Faso selbst zunutze, berichtet Hannes Hauser, der das Büro der Austrian Development Agency (ADA) in der Hauptstadt Ouagadougou leitet. Denn als heimische Kämpfer rekrutieren die Terrorverbände vor allem Angehörige der Ethnie der Fulani.

Sie sind traditionell Viehzüchter. "Doch ihre Viehzucht funktioniert nicht mehr, nicht nur aufgrund des Klimawandels, sondern auch weil die Ackerbauern immer mehr Boden einnehmen und animiert werden, selbst auch Tiere zu halten", sagt Hauser der "Wiener Zeitung". Zudem seien die meist nicht ganzjährig bevölkerten Dörfer der Fulani, etwa bei der Wasserversorgung, oft benachteiligt. So treffen die Islamisten auf frustrierte junge Leute, die sich rekrutieren lassen.

Mittlerweile, berichtet Hauser, gebe es allerdings viele Dschihadisten, die wieder in ein normales Leben zurückkehren wollen. "Sie besuchen nachts heimlich ihre Freundinnen oder ihre Familien." Es besteht aber keine Institution, die diese Kämpfer auffangen würde. Auch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit, die stark berufliche Ausbildungen in ländlichen Regionen fördert, ist von der schlechten Sicherheitslage betroffen. In der roten Zone konnten Projekte nicht durchgeführt werden, aber gerade in der orangen solle man nun stärker tätig sein, so Hauser.

Er betont auch, dass trotz des Terrorismus "von einem Staatszerfall noch keine Rede sein kann". Das zeigt sich schon alleine daran, dass das Land vor der Corona-Krise ein stetes Wirtschaftswachstum zwischen fünf und sieben Prozent hatte. Davon ist auch etwas bei den Armen angekommen - was die Regierung nun im Wahlkampf als ihren Erfolg reklamiert.

Allerdings bleibt die laut Hauser "ungesunde gegenseitige Abhängigkeit" von Politik und Beamtenschaft ein Problem. Die häufig ineffiziente Bürokratie verschlingt einen Großteil der Staatseinnahmen, und die Politiker sind wiederum abhängig von den Beamten.