Zum Hauptinhalt springen

Jetzt noch Eiltempo beim Mauerbau

Von Konstanze Walther

Politik
Daniel Perales sorgt sich um das Biotop am Rio Grande.
© REUTERS

Trumps Vermächtnis: Die Grenze zu Mexiko soll noch so weit wie möglich mit riesigen Anlagen zementiert werden.


Die Grenze zwischen den USA und Mexiko beläuft sich auf fast 2.000 Meilen - das sind über 3.000 Kilometer.

Der noch amtierende US-Präsident Donald Trump hat in seinem Wahlkampf 2016 eine unüberwindbare Mauer versprochen, die die beiden Länder für immer von einander trennen soll. Und die den USA nichts kosten würde, weil Mexiko sie bezahlen werde. Aus Letzterem wurde nichts.

Aber Trump bemüht sich, ein anderes Versprechen zu halten: Nämlich jenes, dass innerhalb seiner vierjährigen Amtszeit 450 Grenz-Meilen mit einer neuen Mauer versehen werden sollen. Mitte November 2020 waren es bereits 402 Meilen. Behörden und Bauarbeiter arbeiten seit der Wahlniederlage Trumps auf Hochdruck, seine Befehle weiter auszuführen, die "New York Times" berichtet von einer Verdoppelung des bisherigen Tempos.

Klar ist, dass Amtsnachfolger Joe Biden den Mauerbau nicht fortführen will. So viel hat er schon gesagt. Klargestellt hat sein Team aber auch, dass die bis dahin errichtete Mauer nicht sofort niedergerissen wird. Das steht auf der Prioritätenliste der neuen Führung nicht oben - und wird es vielleicht nie.

Umso mehr sorgen sich die Bürger an der Südgrenze der USA, was die nächsten Wochen noch für sie bereithalten. In wichtigen Biotopen und abgeschiedenen Canyons wird derzeit gesprengt, gebaggert und die Zementtonne gerührt.

Natürlich gab schon es vor der Trump-Administration zum Teil Zäune, die die beiden Länder vertikal voneinander zu trennen versuchten. Aber sie waren erstens nicht so expansiv, zweitens niedriger und oft nur dafür gedacht, Fahrzeuge zu behindern - nicht Menschen zu Fuß oder Tiere.

"Es ist nichts anderes als eine Tragödie." Dieser Satz stammt nicht von einer Flüchtlings-NGO, sondern von Bill McDonald, einem Rinderfarmer in der fünften Generation aus Arizona, der sein Leben lang republikanisch gewählt hat. Bis diesen November - da stimmte er für Joe Biden. Aufgebrachte Anrainer wie McDonald haben dazu beigetragen, dass der Bundesstaat das erste Mal seit Jahrzehnten für einen demokratischen Präsidentschaftskandidaten gestimmt hat.

Im Südwesten von Arizona wird gerade noch unverbautes Grenzland in Bauschutt verwandelt, dazu gehören auch die bisher naturbelassenen Peloncillo Mountains, Heimat von Ozelots und Dickhornschafen.

"Die Korridore von Wildtieren, die Archäologie, die Geschichtsträchtigkeit, all das wird in die Vergessenheit gesprengt oder ist schon zerstört worden", sagt McDonald gegenüber der "New York Times".

Die Guadalupe Schlucht im Osten von Arizona an der Grenze zu Texas, ein kostbares Vögelhabitat, gleicht derzeit einem riesigen Tagebau, Bagger bahnen sich einen Weg, wo vorher keiner war. Das nächste Dorf ist knapp 50 Kilometer entfernt. Laut Anrainern ist die Schlucht so entlegen, dass nur extrem selten Migranten dort jemals die Grenze überquert hätten.

Die unwegsame Schlucht ist 4,7 Meilen lang - und jede Meile kostet dort, aufgrund des schwierigen Terrains, 41 Millionen Dollar. Das ist das Doppelte der Kosten, die die Grenzschutzbehörden veranschlagt haben.

"Es bricht einem nicht nur das Herz. Es ist auch komplett sinnlos", zitiert die "New York Times" die Inhaberin einer Ranch in der Nähe. Die natürlichen Barrieren haben gegen die illegale Migration vollkommen genügt.

Die Umsetzung des Mauerbaus geht vor allem auf dem Bundesgebiet rasch voran - hier werden auch Naturschutz-Gesetze oder Gesetze zum Schutz von indigenen Begräbnisstätten außer Kraft gesetzt. Dort, wo das Land in privater Hand ist, geht es stockender.

Ein Bagger quer durch Laredo

Ein Stück weiter, in Texas, haben vor allem die Einwohner der Grenzstadt Laredo große Angst vor der Umsetzung der bereits bekannten Pläne. Denn nach dem Willen der Trump-Administration soll die Mauer inklusive Sicherheitszone mitten durch die Stadt gezogen werden, die einst von Johnny Cash besungen wurde. Da sollen dann nicht nur Häuser wie jenes von Felipe Perez weichen, sondern auch der historische Ortskern wird plattgemacht. Die Stadt hat Pech - sie ist einfach zu nahe an der Grenze.

Die Grenze, das heißt in Texas der Fluss. Denn hier werden die USA von Mexiko durch den Rio Grande getrennt. Es ist der Paradefall einer natürlichen Grenze, auch wenn an den Engstellen immer wieder Migranten auf Flössen die Überquerung wagen.

Entlang des Ufers ist nun ebenfalls ein Betonkoloss am Entstehen. Ein Wahnsinn, findet der pensionierte Grenzbeamte Daniel Perales, inzwischen Hobbyornithologe und Gegner der Mauer: Die Flora und Fauna gehe unwiederbringlich verloren.