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Trump und seine Fans stürzen Republikaner ins Dilemma

Von Klaus Huhold

Politik

Einer Frage können die Republikaner nun nicht mehr ausweichen: Wie halten sie es weiter mit Trump? Doch mit ihm oder ohne ihn drohen sie zu verlieren.


Mitch McConnell hat doch noch eine Wende vollzogen. Der Fraktionsvorsitzende der Republikaner und Mehrheitsführer im Senat hatte am Mittwoch - noch vor der Erstürmung des Kapitols durch fanatisierte Anhänger von Donald Trump - eine eindringliche Rede zur Verteidigung der Demokratie gehalten. Er warnte vor einer "dauerhaften Zerstörung unserer Republik" und betonte, dass der Senat nicht dazu missbraucht werden dürfe, ohne Beweise Zweifel an einer Präsidentenwahl zu säen.

Dieser Appell an die Abgeordneten der eigenen Partei ist umso beachtlicher, weil McConnell selbst in den vergangenen Jahren eine der wichtigsten Stützen des System Trump war. Durch seine herausragende Stellung im Kongress sorgte er dafür, dass die republikanischen Abgeordneten treu hinter dem Ex-Reality-TV-Star standen und gab dem Trumpismus somit die parlamentarische Legitimation. Mit Trumps Rückenwind konnten die Republikaner eines von McConnells wichtigsten Projekten umsetzen: die Ernennung vom mehr als 200 konservativen Bundesrichtern.

Plötzlich deutliche Worte der Abgeordneten

Der Sturm auf das Kapitol hat nun die Absetzbewegung von Trump innerhalb der Republikanischen Partei noch einmal deutlich verstärkt. Der Präsident trage die Verantwortung für die Ereignisse, "indem er Verschwörungstheorien verbreitet hat, die zu diesem Punkt geführt haben", sagte der Senator Richard Burr aus North Carolina. "Es steht außer Frage, dass der Präsident den Mob geformt hat, ihn angestachelt, dass er zum Mob gesprochen hat", sagte seine Kollegin aus Wyoming, Liz Cheney. Und der ehemalige Präsidentschaftskandidat Mitt Romney stellte klar: Wer sich nun nicht gegen Trump stelle, bleibe immer mit dieser schändlichen Episode verbunden.

Nachdem das Kapitol wieder geräumt worden war, haben auch viele Republikaner beschworen, dass nun für die Demokratie die unterbrochene Sitzung zu Ende geführt werden müsse. Bei dieser wurde der Wahlsieg von Joe Biden bestätigt.

Manche Republikaner verzichteten aber noch immer nicht auf angekündigten Einsprüche gegen das Wahlergebnis. So erhob Senator Josh Hawley noch einmal seine Hand gegen das Ergebnis in Pennsylvania und auch im Repräsentantenhaus stießen die Republikaner eine Debatte darüber an.

Das ist freilich demokratisch möglich. Allerdings vollzogen die Abgeordneten ihre Wahlanfechtung, nachdem in zahlreichen Gerichtsverfahren kein einziger Beweis für ein verfälschtes Ergebnis vorgelegt werden konnte.

Der Senator Ted Cruz verteidigte trotzdem das Vorgehen - auch nach dem Sturm auf das Kapitol, den er als "Terrorismus" verurteilte. Nur so könne den Zweifeln vieler Bürger an der Wahl begegnet werden, schrieb er in einem Statement, das er via Twitter verbreitete. Der Texaner war auch einer der Letzten, der vor dem Angriff der Trump-Fanatiker auf den Sitzungssaal zu Wort kam. Er sprach davon, dass die Demokratie der USA in der Krise und das Land tief gespalten sei. Er beklagte somit einen Zustand, den er selbst zu einem wesentlichen Teil herbeigeführt hat, indem er einer der der lautesten Verbreiter der Lüge von der gestohlenen Wahl war.

Auch wenn Cruz nun für eine friedliche Amtsübergabe und nationale Einheit plädiert - dass die Wahl korrekt war, hat er vorerst nicht gesagt. Und wie er es weiter mit Trump halten wird, ist bei ihm, wie auch bei vielen Parteifreunden, unklar.

Sturm aufs Kapitol für viele republikanische Wähler okay

Die Republikaner stehen dabei vor einem strategischen Dilemma: Sind sie zunächst mit Trumps Aufstieg bei Wahlen mitgewachsen, droht ihnen nun eine Lose-lose-Situation. Denn Trump hat zwar für viele Parteifreunde in der Vergangenheit Wähler an die Urnen geholt, mittlerweile scheint er aber die Gegenseite noch stärker zu mobilisieren. So bekundeten in Georgia Republikaner, dass Trump mit seinen Verschwörungstheorien sie die Senatswahlen, bei denen sich die Demokraten nun beide Sitze im südlichen Bundesstaat holten, gekostet habe. Mit der Niederlage in Georgia wurde Trump zum ersten Präsidenten seit 1932, der nach einer Amtszeit seinen Posten räumen muss und dessen Partei gleichzeitig beide Kammern im Kongress verliert.

Gleichzeitig hat Trump eine derart große fanatisierte Basis, dass ein Abrücken von ihm weiterhin jeden Republikaner die Karriere kosten könnte. Inwieweit der Trumpismus schon Fuß gefasst hat, verdeutlicht eine Umfrage des Instituts YouGov unter 1397 US-Amerikanern. Demnach unterstützen 45 Prozent der republikanischen Wähler die Erstürmung des Kapitols, nur 43 Prozent sprechen sich dagegen aus.

Solche Daten könnten manche Republikaner dazu verleiten, weiter ein doppelbödiges Spiel zu spielen. Das Statement von Cruz nach dem Kapitolsturm lässt sich nämlich aus so lesen: Wir akzeptieren die Machtübergabe, haben aber weiter Zweifel an der Fairness der Wahlen. Vom Trump-Clan selbst wird die Erzählung des gestohlenen Votums wohl auch während der Präsidentschaft von Joe Biden weiter befeuert werden. "Wir kriegen euch", drohte Donald Trump Jr. am Mittwoch unter dem Jubel der Demonstranten bei seiner Rede vor dem Kapitol Republikanern an, die diese Linie nicht mehr mittragen wollen. Dem stehen diejenigen Vertreter der "Grand Old Party" gegenüber, die nun offenbar genug von Trumps Eskapaden und Angriffe auf die Demokratie haben.

Wie sie es mit Trump hält, ist - da sind sie sich Politkommentatoren großteils einig - die wichtigste Zukunftsfrage für die Republikaner. Die Antwort darauf könnte die Partei aber zerreißen. "Es ist nun eine offene Frage, ob eine arbeitsfähige Koalition zwischen Republikanern der Mitte und Trumps populistischen Kräften immer noch möglich ist", schreibt die englische "Times". "Trump könnte das Zerbrechen seiner Partei der Liste seiner Errungenschaften hinzufügen."