Zum Hauptinhalt springen

Joe Bidens Fahrplan: Masken, Impfen und Keynes

Von Konstanze Walther

Politik

Der 46. US-Präsident hat für sich ein Kabinett zusammengestellt, das sich in fast allen Belangen um einen Weg der Mitte bemühen wird.


Für Titel und Slogans wird gerne die Alliteration verwendet. Der Stabreim hat zwar nicht nur Fans, gilt aber oft als letzte Bastion, wenn einem sonst nichts Knackiges mehr eingefallen ist. Das Team um den 46. US-Präsidenten Joe Biden hat mit dem Slogan "Build Back Better" aufgewartet. Das kann vielleicht mit "Wiederherstellen, aber besser" übersetzt werden. Bidens Kampagne wollte damit in einen Stabreim das Versprechen verpacken, dass die USA wieder aufgebaut werden. So wie früher. Und jenen, die es früher nicht gut fanden, denen wurde signalisiert: Es wird sowieso besser als früher. Joe Biden sei wie Präsident Barack Obama, den er acht Jahre lang als Vize begleitet hatte. Außer in den Fragen, in denen es nun Raum gibt, besser zu sein. Die Gesundheitsreform, Obamacare, soll etwa ausgebaut werden. Die Polizeireform soll diesmal wirklich angegangen werden. Ein heißes Eisen, denn Obama hatte im Nachhinein selbst eingeräumt, dass er als erster afroamerikanischer Präsident betont neutral war und sich nicht vehement genug gegen rassistisch motivierte Gewalt in der Polizei ausgesprochen hatte.

Mit der Corona-Pandemie und der massiven Wirtschaftskrise stehen absolute Mammutaufgaben vor dem 78-jährigen Biden. Die scheidende Regierung unter Präsident Donald Trump hatte eine Laissez-Faire-Einstellung zu Masken und Beschränkungen, Bidens Team sieht das anders. In den ersten hundert Tagen wird es jedenfalls eine Maskenpflicht überall dort geben, wo es in der Kompetenz der Bundesregierung liegt, also etwa in öffentlichen Gebäuden. Eine Million Bürger sollen pro Tag geimpft werden, pensionierte Ärzte werden für das Verabreichen der Injektion aktiviert.

Yellen für Konjunkturspritze im "großen Stil"

Mit Janet Yellen, der ehemaligen Chefin der US-Notenbank, hat Biden eine Ökonomin an die Spitze des Finanzministeriums berufen, die in Krisen dezidiert die Position von John Maynard Keynes einnimmt. Bei ihrer Anhörung im Senat am Dienstag erklärte Yellen, dass sie sich zwar, genauso wie Biden, der Schuldenlast des Staates bewusst sei, aber nun ein beherztes Hilfspaket notwendig sei. "Das Klügste, was wir jetzt tun können, auch angesichts der historisch niedrigen Zinsen, ist: im großen Stil zu handeln."

Yellen hat sich ebenfalls zuletzt dafür ausgesprochen, die Stärke des US-Dollars nicht zu beeinflussen. Trump hatte in seiner Amtszeit oft für einen künstlich schwächeren Dollar plädiert, um die US-Exporte konkurrenzfähiger zu machen.

Biden, der am heutigen Mittwoch vereidigt wird, will so schnell wie möglich ein neues Hilfspaket in Höhe von 1,9 Billionen Dollar (1.567,27 Milliarden Euro) verabschieden.

Um diesen externen Inhalt zu verwenden, musst du Tracking Cookies erlauben.

International gehen Ökonomen von positiven Konjunktureffekten der demokratischen Präsidentschaft für das globale Wachstum aus. Die Schätzungen liegen bei plus 1,16 Prozentpunkten für 2021, wie aus einer Umfrage des Münchner Ifo-Institutes unter 843 Experten aus 107 Ländern hervorgeht. Der Tenor war: "Hoffnung für die Weltwirtschaft". Die Befragten in den USA erwarteten allerdings keine besondere Veränderung für ihr eigenes Land.

Die Wall Street ist noch verhalten: Einerseits freut sich die Börse traditionell über Konjunkturspritzen. Auch wenn noch nicht klar ist, wie viel von den 1, 9 Billionen Dollar dann tatsächlich auch durch den Kongress geht. Aber es wird an der Wall Street auch befürchtet, dass viele Lockerungen Trumps wieder gestrichen und die alten Regulierungen wieder in Kraft gesetzt werden.

USA beanspruchen wieder globale Führungsrolle

Die USA hatten unter Trump einen Schwenk zum Isolationismus vollzogen. Internationale Einmischung lag nicht im Interesse des Weißen Hauses, von den punktuellen tödlichen Angriffen abgesehen. So hatte die US-Armee vor rund einem Jahr den iranischen Top-General Ghassem Soleimani sowie den hohen irakischen Milizenführer Abu Mahdi al-Muhandis bei einem Raketenangriff getötet.

Auf breiterer Ebene zog sich Washington unter Trump aus internationalen Abkommen zurück, manchmal auch unter Missachtung des Völkerrechts. Da bleibt etwa die einseitige Aufkündigung des multilateralen Nuklear-Vertrags mit dem Iran in Erinnerung. Oder der Austritt aus dem Pariser Klimapakt. Das Vertrauen in die Paktfähigkeit der USA wurde damit langfristig beschädigt.

Das soll sich unter Biden nun ändern. Der Demokrat hatte schon kurz nach der Wahl erklärt, die USA seien zurück auf der Weltbühne. Und nicht nur das: Die USA werden wieder ihre globale Führungsrolle einnehmen. Das deutet auf eine deklarierte Politik des Interventionismus hin, für die der Rest der Welt 2021 vielleicht nicht mehr so viel Verständnis aufbringt, wie in den Zeiten des kalten Krieges.

Der künftige Außenminister Antony Blinken war schon früher Bidens außenpolitischer Berater. Er kündigte bei einer Befragung im Senat erwartungsgemäß eine "Wiederbelebung" der unter Trump beinahe zerstörten Allianzen mit Bündnispartnern an. Gemeinsam mit anderen Staaten seien die USA "viel besser in der Lage, den Bedrohungen durch Russland, den Iran und Nordkorea zu begegnen".

Blinken machte auch die Haltung der neuen Regierung unter Joe Biden gegenüber China klar. "Wir können China ausstechen - und die Welt daran erinnern, dass eine Regierung des Volkes durch das Volk für sein Volk liefern kann."

Damit hat die Biden-Administration zum Teil ähnliche Feindbilder wie Trump. Zumindest was den Iran und China betrifft. Zu Russlands Staatschef Wladimir Putin hatte Trump ja ein ambivalentes Verhältnis, der Ex-Immobilienmagnat konnte seine Bewunderung für Putin oft kaum verhehlen, sehr zum Missfallen seiner republikanischen Partei. Und Trump war der erste amtierende US-Präsident, der nach Nordkorea gereist war, um dort mit dem Machthaber Kim Jong-un über die Aufhebung von US-Sanktionen und den Abbau des nordkoreanischen Atomprogramms zu diskutieren. Nach drei viel beachteten Treffen versandeten die Gespräche aber wieder.

Biden wurde von Kim dafür schon als "tollwütiger Hund" bezeichnet . Er wiederum nannte Kim während des Wahlkampfs klar einen "Verbrecher".

Wie der Handelsstreit mit China weitergeht, ist allerdings noch nicht klar. Peking wurde ja unter der Trump-Regierung praktisch für jede ökonomische Misere verantwortlich gemacht. Auch wenn das bedeutete, dass man elegant über das Familienimperium von Trumps Verkehrsministerin Elaine Chao hinweggesehen hatte, das mit dem Import aus China ein Vermögen gemacht hatte. Chao ist übrigens auch die Ehefrau des langjährigen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell.

China bleibt ein Feindbild auch unter Biden

Biden erklärte zuletzt, dass die chinesische Führung für ihre missbräuchliche Ausnutzung des Handels und der Technologie sowie für Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden müsse. Auch daher sei die internationale Zusammenarbeit der USA mit "gleichgesinnten Bündnispartnern" so wichtig, um die gemeinsamen Interessen gegenüber China viel stärker zu verteidigen.

Die neue Regeirung hat bereits angekündigt, dass sie das New-Start-Abkommen mit Russland verlängern will.Dieses wäre am 5. Februar ausgelaufen, es verpflichtet die USA und Russland, nicht mehr als 1.550 Atomsprengköpfe vorzuhalten. Schon am Mittwoch will Biden einige Entscheidungen Trumps rückgängig machen. So soll das Einreiseverbot für Bürger aus mehreren überwiegend muslimisch geprägten Ländern gestrichen werden. Auch sollen die USA zurück in das Pariser Klimaabkommen geführt werden. Biden hat den Kampf gegen den Klimawandel zur Priorität erklärt und will unter anderem Millionen Gebäude energetisch sanieren. Zudem hat er versprochen, den Weg dafür zu ebnen, dass die Stromerzeugung in den USA bis 2035 frei von CO2-Emissionen sein soll.