Der frühere US-Präsident Donald Trump zeigte sich in seiner Amtszeit immer wieder optimistisch, "den schwierigsten Deal von allen" hinzubekommen: Ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern. Seinen Schwiegersohn Jared Kushner ließ der Republikaner einen "Friedensplan" für den Nahen Osten ausarbeiten, der von den Palästinensern schon vor der Präsentation abgelehnt wurde.

In der Außenpolitik von Trump-Nachfolger Joe Biden spielte der Nahe Osten dagegen bisher keine prominente Rolle. Nur knapp vier Monate nach seinem Einzug ins Weiße Haus wird der Demokrat nun aber doch in den eskalierenden Konflikt hineingezogen - unter wachsendem Druck.

Die Eskalation zwischen Israelis und Palästinensern kommt für Biden zur Unzeit. Er ist innenpolitisch gleich an mehreren Fronten aktiv. Unter anderem kämpft seine Regierung gegen die Coronavirus-Pandemie und treibt die Impfkampagne voran. Im Kongress in Washington und bei Reisen durchs Land wirbt Biden für seine billionenschweren Hilfs- und Infrastrukturpakete, damit die Wirtschaft wieder auf die Beine kommt. Außenpolitisch hat er sich bisher darauf konzentriert, den Abzug aus Afghanistan einzuleiten, den Klimaschutz voranzutreiben und die Beziehungen zu den Verbündeten in Asien und Europa zu kitten, um gemeinsam mit ihnen China und Russland die Stirn zu bieten.

Nahostpolitik vor allem mit Fokus auf Iran-Deal

Im Nahen Osten engagiert sich die Biden-Regierung bisher vor allem mit ihren Bemühungen, das von Trump aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran wiederzubeleben - gegen den erklärten Willen Israels. In Bidens Wahlkampfprogramm tauchte Israel nur ein einziges Mal auf, und auch das eher unter ferner liefen: Mit "einem eisernen Bekenntnis" zur Sicherheit des Verbündeten. Mit dieser klaren Ansage reiht sich Biden allerdings in die Haltung seiner Amtsvorgänger ein, und das gilt auch im gerade wieder aufgeflammten Konflikt.

Bei einem Telefonat mit Israels Premierminister Benjamin Netanyahu am Mittwoch betonte Biden nach Angaben des Weißen Hauses "seine unerschütterliche Unterstützung für Israels Sicherheit und für Israels legitimes Recht, sich selbst und sein Volk zu verteidigen, während es Zivilisten schützt". Der letzte Halbsatz dürfte als Appell gemeint gewesen sein, ebenso wie die Ermutigung, "einen Weg zur Wiederherstellung einer nachhaltigen Ruhe zu beschreiten".

Blinken würdigt Rechte der Palästinenser

US-Außenminister Antony Blinken sagte am Donnerstag, es gebe einen grundlegenden Unterschied zwischen einer Terrororganisation wie der Hamas, die aus dem Gazastreifen heraus Raketen auf Zivilisten abschieße, und Israel, das sich verteidige. "Aber wir sind zutiefst besorgt über den Verlust von Menschenleben in der Zivilbevölkerung, insbesondere unter Kindern. Die Palästinenser haben ein Recht darauf, in Sicherheit und in Frieden zu leben, genauso wie die Israelis."

Bereits am Tag zuvor hatte Blinken betont, die USA seien weiterhin einer Zweistaatenlösung verpflichtet. Er sagte aber auch: "Diese Gewalt bringt uns weiter weg von diesem Ziel." Blinken schickte den Spitzendiplomaten Hady Amr in die Region, der im Namen Bidens bei den Konfliktparteien für Deeskalation werben soll. Anders als Trump hat Biden bisher keinen Sonderbeauftragten für den Nahen Osten ernannt, ebenso wenig wie einen Botschafter für Israel.

Trump hatte kein Geheimnis darum gemacht, auf wessen Seite er steht - nicht umsonst nannte Netanyahu ihn "den besten Freund" Israels im Weißen Haus jemals. Trump und viele seiner Republikaner werfen Biden nun vor, Israel nur halbherzig zu unterstützen. Der Ex-Präsident teilte kürzlich mit: "Unter Biden wird die Welt gewalttätiger und instabiler, weil Bidens Schwäche und mangelnde Unterstützung für Israel zu neuen Angriffen auf unsere Verbündeten führen." 44 der 50 republikanischen US-Senatoren forderten Biden in einem offenen Brief dazu auf, die Verhandlungen mit dem Iran abzubrechen, der die islamistische Hamas im Gazastreifen unterstützt.

Druck aus den eigenen Reihen

Biden ist aber nicht nur unter Druck der Republikaner geraten. Die Führungsriege seiner Demokraten steht zwar weiter klar zu Israel, das gilt aber längst nicht für alle Kongressabgeordneten. Die prominente Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez beispielsweise warf Biden vor, sich an "die Seite der Besatzung" zu stellen. Ihre Kollegin Ilhan Omar sorgte für Entrüstung, als sie israelische Luftangriffe im Gazastreifen "einen Akt des Terrors" nannte. Die Abgeordnete Rashida Tlaib kritisierte Israels "Angriff" auf die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem im muslimischen Fastenmonat Ramadan - und sie fragte via Twitter an die Adresse des US-Präsidenten: "Wo bleibt die Empörung?". (dpa)