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Und der Sieger heißt Assad

Von Jan Kuhlmann

Politik
Wahlplakat in Damaskus: Das Ergebnis steht fest, trotzdem ringt Syriens Machthaber um zusätzliche Legitimität.
© reuters / al Shaar

Die Syrer dürfen einen neuen Präsidenten wählen - über den Ausgang der Inszenierung besteht kein Zweifel.


Nach außen hin soll alles aussehen wie bei einer freien Wahl. Zwischen drei Kandidaten können sich die Syrer offiziell entscheiden, wenn sie heute, Mittwoch, über den nächsten Präsidenten abstimmen. Die staatliche Agentur Sana veröffentlicht Banner von allen dreien. Und auch in den Straßen der Städte hängen überall Wahlplakate. Dennoch besteht kein Zweifel, dass der neue Präsident Syriens derselbe sein wird wie der alte: Bashar al-Assad.

Syriens Regierung organisiert eine Präsidentschaftswahl, in der nicht nur Oppositionelle, sondern auch neutrale Beobachter eine Inszenierung sehen, die ausschließlich dem Machterhalt des 55 Jahre alten Staatschefs dient. "Es ist schwer vorstellbar, dass das Ergebnis etwas anderes sein wird als eine Pro-Forma-Restauration Bashar al-Assads", sagt der Syrien-Analyst und frühere Mitarbeiter der International Crisis Group, Sam Heller. "Bei dieser Wahl geht es nicht wirklich um eine lebhafte politische Auseinandersetzung."

Wahlzelte überall

Und dennoch scheint Assad um zusätzliche Legitimität zu ringen. Obwohl seine Herrschaft nach 21 Jahren an der Macht ziemlich gefestigt ist, dürfte auch er Druck spüren, von innen und außen. Seit Monaten leidet Syrien unter einer schweren Wirtschaftskrise, die Millionen Menschen in Armut und Hunger getrieben hat. Die Verteilkämpfe zwischen Assads Anhängern werden schärfer. Einiges spricht auch dafür, dass nach zehn Jahren Bürgerkrieg selbst in Regierungsgebieten lokale Milizen das Sagen haben, die zwar offiziell zu Assad stehen, aber ihr Eigenleben führen, angeführt von Warlords.

Zudem kursieren immer wieder Gerüchte, Assads enger Verbündeter Russland könnte gewillt sein, den Präsidenten zu opfern, sollte der Westen im Gegenzug einer Moskau genehmen Lösung für den Konflikt zustimmen. "Assad schließt mit seiner Kandidatur für eine weitere siebenjährige Amtszeit jede Vorstellung aus, er könnte als Teil eines größeren politischen Kompromisses zurücktreten", sagt Heller.

Den Anhängern Assads geht es augenscheinlich darum, eine möglichst hohe Wahlbeteiligung sicherzustellen. Auf Anordnung von oben sind überall im Land Wahlzelte errichtet worden, in denen die Bevölkerung zur Stimmabgabe für den Machthaber gebracht werden soll. Auch die Wahlplakate zeigen mit wenigen Ausnahmen nur Assads Porträt.

Einen Vorgeschmack auf die heutige Wahl gab die Abstimmung der Syrer im Ausland am vergangenen Donnerstag. Im Libanon etwa karrten mit Assad-Plakaten geschmückte Busse Wähler zur syrischen Botschaft in der Hauptstadt Beirut, damit diese ihr Kreuz machten. Gegenkandidat Mahmud Mari, Vertreter der von der Regierung geduldeten innersyrischen Opposition, beklagt hingegen, er habe kaum finanzielle Mittel und Unterstützung, um für sich zu werben. Sein Wahlkampf falle deswegen sehr bescheiden aus, sagt er. Der größte innersyrische Oppositionsblock boykottiert die Abstimmung.

Friedenslösung nicht in Sicht

Das Szenario erinnert an die Präsidentschaftswahl vor sieben Jahren. Damals waren erstmals zwei Gegenkandidaten zugelassen, prominente Vertreter der Opposition, vor allem jener im Exil, waren aber ausgeschlossen. Assad erhielt am Ende fast 89 Prozent der Stimmen. Westliche Staaten stuften die Wahl als unrechtmäßig und undemokratisch ein. Assad blieb dennoch unbehelligt an der Macht, die sein Vater Hafis 1970 übernommen hatte und die nach dessen Tod im Jahr 2000 an den Sohn überging.

An Legitimität wird es Assad dennoch schon allein deswegen mangeln, weil nur in den rund zwei Dritteln des Landes abgestimmt werden wird, die unter Herrschaft der Regierung stehen. Die von den Kurden kontrollierten Regionen im Nordosten Syriens beteiligen sich genauso wenig wie die Rebellengebiete im Nordwesten des Bürgerkriegslandes.

Auch der eigentlich stets um Ausgewogenheit bemühte UN-Syrienvermittler Geir Pedersen, ein erfahrener Diplomat, drückte sein Missfallen aus. Er machte deutlich, dass die Wahl nicht Teil des internationalen Prozesses ist, der eine politische Lösung für den langjährigen Konflikt finden soll. In Genf hat eigentlich ein Ausschuss mit Vertretern der Regierung, der Opposition und der Zivilgesellschaft den Auftrag, eine neue Verfassung auszuarbeiten. Diese soll zu freien und fairen Wahlen unter UN-Aufsicht führen. Doch vor allem Assads Vertreter zeigen wenig Interesse an Fortschritten, sodass die Verhandlungen seit Monaten auf Eis liegen.

Zeichen für Kontinuität

Für die Zukunft der Gespräche unter dem UN-Dach in Genf und damit generell für die internationale Diplomatie verheißt die Abstimmung wenig Gutes. Damaskus scheine die Wahl vor allem zu nutzen, um die Kontinuität des syrischen Systems zu demonstrieren, sagt Heller. Die Abstimmung bedeute nicht zwangsläufig das Ende des Verfassungsausschusses. "Aber diese Wahl lässt das Verfassungskomitee weniger relevant erscheinen, als es ohnehin schon war."(dpa)