Beim ersten Gipfeltreffen von US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin hat es am Mittwoch vorsichtige Entspannungssignale gegeben. Mit drei Stunden 21 Minuten dauerte das Treffen in Genf zwar kürzer als geplant, dafür vereinbarten Biden und Putin aber eine Rückkehr ihrer Botschafter sowie Dialoge zu Cybersicherheit und Rüstungskontrolle. Während Putin den US-Präsidenten lobte, bemühte sich dieser um harte Töne gegenüber Moskau.

Nach dem Treffen traten Biden und Putin getrennt und hintereinander vor die Presse. Putin nannte die Gespräche in seinem Auftritt "konstruktiv" und "intensiv". Es habe "keine Feindseligkeiten" gegeben, so Putin, der sein Gegenüber als "sehr erfahrenen Menschen" lobte. Man habe zwei Stunden lang zu zweit geredet - das sei nicht mit allen Staatsführern so. Der US-Präsident und er hätten "eine gemeinsame Sprache" gesprochen.

Biden sagte ebenfalls, dass der Ton des Gesprächs "gut", "positiv" und "geradeheraus" gewesen sei. "Ich habe getan, wofür ich hergekommen bin", betonte der US-Präsident, der im Vorfeld angekündigt hatte, seinem Gegenüber "rote Linien" aufzeigen zu wollen. "Putin weiß, dass ich handeln werde", betonte Biden. Er werde eine russische Einmischung in die US-Demokratie "nicht tolerieren" und auch weiterhin Menschenrechtsverletzungen durch Russland ansprechen, so Biden. Die Meinungsverschiedenheiten seien aber nicht in übertriebener Weise vorgetragen worden, fügte der US-Präsident hinzu.

"Schauen wir, was passiert"

Biden sagte weiter, dass niemand einen neuen Kalten Krieg wolle. Bei dem Gipfel sei eine Basis dafür geschaffen worden, wie mit Russland umgegangen werden solle. Nun bestehe auch eine Aussicht auf Verbesserung des Verhältnisses, wobei es nicht um Vertrauen und eigene Interessen gehe. "Schauen wir einmal, was passiert", sagte Biden, der diesbezüglich innerhalb von drei bis sechs Monaten bilanzieren will.

Die von Putin bekannt gegebene Botschafter-Rückkehr gilt als Zeichen einer Deeskalation zwischen Moskau und Washington. Russlands Botschafter Anatoli Antonow war vor drei Monaten aus Washington zu Konsultationen in die Heimat zurückgerufen worden. Dazu kam es, nachdem US-Präsident Joe Biden in einem Interview im März die Frage bejaht hatte, ob er Putin für einen "Killer" halte. Zudem verhängte die US-Regierung neue Sanktionen gegen Russland wegen eines Cyberangriffs und wegen der Einmischung in Wahlen.

Moskau wies die Anschuldigungen zurück und bezeichnete die Strafmaßnahmen als Verstoß gegen internationales Recht. Im Gegenzug verhängte auch die russische Regierung Sanktionen und wies unter anderem US-Diplomaten aus. Außenminister Sergej Lawrow legte zudem dem US-Botschafter John Sullivan nahe, Moskau zu verlassen. Im April reiste Sullivan aus der russischen Hauptstadt ab.

Dialog zur Cybersicherheit

Nachdem Putin die Rückkehr der jeweiligen Botschafter sowie einen Dialog zur Cybersicherheit angekündigt hatte, konnte auch der US-Präsident ein konkretes Ergebnis des Gipfels präsentieren. "Ich freue mich, dass wir uns heute darauf geeinigt haben, einen bilateralen strategischen Stabilitätsdialog zu starten", sagte Biden bei seiner Pressekonferenz. Militärexperten und Diplomaten beider Länder sollten an einem Mechanismus arbeiten, der zu einer Kontrolle neuer und hochentwickelter Waffen führen könne. Die Gespräche über die strategische Stabilität gelten als wichtiges Signal für die globale Sicherheit.

Putin sagte, die Gesprächsthemen seien unter anderem die strategische Sicherheit in der Welt, Cybersicherheit, der Ukraine-Konflikt und Interessen in der Arktis gewesen. Putin versicherte diesbezüglich, dass die USA keine Angst vor einer russischen Militarisierung der Arktis haben müssten. Bezüglich der Cybersicherheit seien bilaterale Konsultationen zwischen Moskau und Washington vereinbart worden. Ein hochrangiger Vertreter des US-Justizministeriums hatte Russland zeitgleich zum Gipfel vorgeworfen, Hacker nicht nur zu tolerieren, sondern auch "zu schützen".

Der russische Präsident stellte auch die Möglichkeit in den Raum, dass "gewisse Kompromisse" beim Gefangenenaustausch gefunden werden könnten. "Das russische Außenministerium und das US-Außenministerium werden in diese Richtung arbeiten", sagte der Kreml-Chef. Biden habe dieses Thema in Bezug auf US-Bürger in russischen Gefängnissen angesprochen. Vor dem Gipfeltreffen war insbesondere in den USA spekuliert worden, dass sich die Präsidenten darauf einigen könnten, dass die in Russland inhaftierten Amerikaner Paul Whelan und Trevor Reed gegen die in den USA verurteilten russischen Staatsbürger Viktor But und Konstantin Jaroschenko ausgetauscht werden könnten.

Putin verteidigt Inhaftierung Nawalnys

Unnachgiebig zeigte sich Putin hingegen im Fall Nawalny. Der Kreml-Chef rechtfertigte die Inhaftierung des Oppositionsführers. "Dieser Mann wusste, dass er gegen geltendes Recht verstößt." Alexej Nawalny habe während seines Spitalsaufenthalts in Deutschlands Video hochgeladen und gegen Meldeauflagen verstoßen. Er sei bereit gewesen, festgenommen zu werden.

Biden betonte, es gehe darum, demokratische Werte zu verteidigen. Kein Präsident der Vereinigten Staaten könnte das Vertrauen des amerikanischen Volkes halten, wenn dies nicht geschehe. "Das ist einfach Teil der DNA unseres Landes. Also werden Menschenrechte immer auf dem Tisch sein, habe ich ihm gesagt", erklärte Biden. Es müsse einige "grundlegende Regeln" geben, an die sich alle halten. (apa/dpa/reuters)

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde um 20:18 mit den neuesten Informationen aktualisiert.