Nach dem Militärputsch im Sudan reißen die Proteste nicht ab: "Eine Rückkehr in die Vergangenheit ist keine Option", riefen Demonstranten am Dienstag. Trotz des gewaltsamen Vorgehens der Armee gingen sie landesweit auf die Straße. In der Hauptstadt Khartum versammelten sich zahlreiche Menschen, um die "Revolution zu retten", die 2019 den langjährigen Machthaber Omar al-Baschir zu Fall gebracht hatte. "Es reicht", sagte ein Demonstrant. "Nach 30 Jahren Erniedrigung unter Baschir wollen wir jetzt keinen neuen Staatsstreich." Die Protestierenden verkündeten einen "Generalstreik" und "zivilen Ungehorsam" gegenüber den neuen Machthabern.

So riefen etwa Ärzte und Beamte zum Widerstand durch einen Generalstreik auf. Er werde sich aus allen Krankenhäusern des Landes zurückziehen und nur noch Notfälle behandeln, kündigte der Ärzteverband Sudan Doctors Central Committee auf seiner Facebook-Seite an. Aus den Militärkrankenhäusern werde man sich komplett zurückziehen, hieß es weiter. Mitarbeiter der Ministerien, Verwaltung und Zentralbank kündigten ebenfalls einen Generalstreik an. Auch aus Lautsprechern von Moscheen tönte der Aufruf eines Aktivisten-Bündnisses zum Streik.

Internet- und Telefonverbindungen waren am Dienstag weiter gekappt, Panzer blockierten Brücken und Hauptverkehrsstraßen in Khartum. Zuvor hatte der höchste Militärvertreter des Landes, General Abdel Fattah al-Burhan, die Regierung aufgelöst und einen landesweiten Notstand ausgerufen. Ranghohe Politiker, darunter Ministerpräsident Abdalla Hamdok, wurden nach Angaben des Informationsministeriums festgenommen. Dieser wird in der Residenz al-Burhans festgehalten. Bei Ausschreitungen im Zuge des Putsches im 44-Millionen-Einwohner-Land wurden alleine am Montag sieben Menschen getötet und 140 Personen verletzt. Das Militär kontrolliert laut UNO die Hauptstadt; der Flughafen, Brücken und das Staatsfernsehen in Khartum seien in der Hand der Streitkräfte und die Eingänge in die Stadt versperrt.

Al-Burhan erklärte nicht nur die Übergangsregierung sowie den Souveränen Übergangsrat für aufgelöst, er kündigte auch die Bildung einer neuen Regierung mit "kompetenten Personen" an. Nach dem Sturz von Machthaber Omar al-Baschir hatte jener Rat die Regierungsgeschäfte übernommen, in dem sich Militärs und Zivilisten die Macht teilen. Seitdem befand sich das Land in einer fragilen Übergangsphase, die 2023 mit der Einsetzung einer zivilen Regierung enden sollte.

International stieß der Umsturz auf heftige Kritik: Die bisher in der Vermittlung im Sudan aktive Länder-Troika aus den USA, Großbritannien und Norwegen sprach von einem "Verrat an der Revolution, dem Übergangsprozess und den legitimen Forderungen des sudanesischen Volkes nach Frieden, Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung".

USA und Russland uneins

Die USA als wichtiger Unterstützer des Übergangsprozesses forderten die Rückkehr zu einer zivilen Regierung. Zudem müsse der festgenommene Hamdok sofort freigelassen werden, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Aus Protest gegen den Putsch setzten die USA ihre finanziellen Hilfen im Umfang von 700 Millionen Dollar für das Land aus. Auch die UNO forderte die umgehende Freilassung Hamdoks.

Lediglich Russland sah in dem Putsch "die logische Folge einer verfehlten Politik" und beklagte eine "ausländische Einmischung von beträchtlichem Ausmaß". Im Sudan ringen Russland, die Türkei, die USA, China und Saudi-Arabien um Einfluss. Dabei geht es um Erdöl sowie die für die jeweiligen Flotten in der Region strategisch wichtigen Häfen am Roten Meer. (apa/dpa/reuters)