Am Ergebnis der Präsidentenwahl in Nicaragua an diesem Sonntag gibt es kaum Zweifel - dafür hat der Amtsinhaber Daniel Ortega gesorgt. Die Regierung des früheren Revolutionärs hat in den vergangenen Monaten mindestens drei Dutzend Menschen, die sie als Gegner betrachtet, verhaftet oder unter Hausarrest gestellt - darunter sieben Anwärter auf das Präsidentenamt.

Ortega hat dieses seit 2007 inne und strebt eine vierte Amtszeit in Folge an. Eine Verfassungsreform im Jahr 2014 machte das möglich. Zur Wahl tritt er nun praktisch ohne Gegner an.

Beobachter und Oppositionelle, darunter auch ehemalige Mitstreiter Ortegas aus der Zeit der Sandinistischen Revolution von 1979 - als ein Volksaufstand unter Führung der linken Rebellen den Diktator Anastasio Somoza stürzten - nennen inzwischen Ortega selbst einen Diktator. Gemeinsam mit seiner Ehefrau und Vizepräsidentin, Rosario Murillo, regiert der 75-Jährige immer autoritärer und besitzt Schlüsselpositionen mit Familienangehörigen.

So wurden etwa Massendemonstrationen ab April 2018 - bei denen erst gegen eine Sozialreform protestiert, später aber auch eine Neuwahl gefordert wurde - brutal niedergeschlagen. Es gab mehr als 300 Tote und Hunderte Festnahmen. Mehr als 100 Menschen sitzen laut Aktivisten seit damals wegen ihrer politischen Überzeugungen im Gefängnis. Gut 100.000 Nicaraguaner flüchteten ins Ausland. Die Regierung stellte die Proteste, an denen sich Hunderttausende der gut sechs Millionen Landesbewohner beteiligten, als Putschversuch politischer Gegner dar und leiß auf die Demonstranten scharf schießen.

Gesetz öffnet Willkür Tür und Tor

Auf Grundlage dieser Charakterisierung schaltete die Führung des mittelamerikanischen Landes vor der Wahl nun die Opposition praktisch aus. Mit ihrer deutlichen Mehrheit im Parlament hatte die Regierungspartei FSLN vergangenen Dezember das "Gesetz zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden" verabschiedet.

Wer demnach etwa einen Staatsstreich anführt, zu ausländischer Einmischung anstiftet oder Sanktionen gegen Nicaragua gutheißt, wird als "Vaterlandsverräter" gebrandmarkt und darf nicht für ein gewähltes Amt kandidieren. Auf dieses Gesetz berief sich die Staatsanwaltschaft immer wieder bei den Razzien und Festnahmen, die Ende Mai begannen.

Scharfe internationale Kritik

Nicht nur innerhalb des Landes wird das Vorgehen der Ortega-Regierung scharf kritisiert. Amnesty International, die bereits im Februar die Menschenrechtslage in Nicaragua als Alptraum bezeichnete, sprach in einem gemeinsamen Bericht mit anderen Menschenrechtsorganisationen vom Mittwoch von einer "neuen Stufe in der Kampagne zur Unterdrückung und Kriminalisierung von Dissidenten, Journalisten und Menschenrechtsverteidigern."

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte Ortega am Dienstag vor Journalisten einen Diktator und die Wahl einen "Fake", der einzig dazu diene, Ortega an der Macht zu halten. Sowohl die EU als auch die USA haben ihre Sanktionen gegen Nicaraguas Führung zuletzt verschärft. Diese wirft wiederum den "imperialen Mächten" vor, Terroristen und Putschisten in Nicaragua zu unterstützen.

Ortega hatte nach seiner ersten Präsidentschaft (1985-1990) die Wahl 1990 überraschend gegen die bürgerliche Oppositionspolitikerin Violeta Barrios de Chamorro verloren. Sein Comeback gelang ihm Ende 2006, als er die Präsidentenwahl mit relativer Mehrheit gewann, weil das Mitte-Rechts-Lager gespalten war. (apa, dpa)