Knapp drei Wochen nach dem Militärputsch im Sudan haben erneut tausende Menschen im ganzen Land gegen das drohende Ende der demokratischen Reformen protestiert. In der Hauptstadt Khartum und der angrenzenden Stadt Omdurman gingen Soldaten und Polizisten am Samstag gewaltsam gegen die Proteste vor. Mindestens fünf Demonstranten wurden nach Angaben von Ärzten durch Schüsse oder den Einsatz von Tränengas getötet.
Seit den frühen Morgenstunden patrouillierte ein Großaufgebot an Soldaten, Polizisten und Paramilitärs in den Straßen von Khartum. Alle Verbindungsbrücken nach Omdurman und zu anderen Vororten wurden gesperrt. Gewerkschaften und pro-demokratische Gruppierungen berichteten von Festnahmen.
Die Sicherheitskräfte versuchten, die Demonstranten mit Tränengas auseinanderzutreiben, wie Augenzeugen und ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Einer pro-demokratischen Ärzteorganisation zufolge setzten sie auch scharfe Munition ein, mindestens vier Demonstranten wurden demnach erschossen, ein weiterer erstickte an Tränengas. In den Krankenhäusern der Hauptstadt würden zahlreiche Verletzte behandelt, erklärte die Ärztevereinigung.
Weitere Proteste wurden aus der südlich gelegenen Stadt Wad Madani, aus Port Sudan am Roten Meer und dem östlichen Teilstaat Kassala gemeldet. Zu den Kundgebungen hatten pro-demokratische Aktivisten per SMS aufgerufen, da das Internet seit drei Wochen gekappt ist. Eine Rückkehr des nordostafrikanischen Staates zu einer neuen "Militärdiktatur" müsse verhindert werden, hieß es in den Textnachrichten.
Militär seit Ende Oktober an der Macht
Das Militär hatte am 25. Oktober die Macht im Sudan übernommen; die zivilen Mitglieder der Übergangsregierung wurden festgenommen. Der Anführer der Putschisten, General Abdel Fattah al-Burhan, rief den Ausnahmezustand aus und kündigte die rasche Bildung einer neuen Regierung an. Deren Ernennung lässt jedoch auf sich warten.
Am Donnerstag ernannte Burhan dann einen neuen Souveränen Rat, dem die Führung des Landes obliegt. Ihm gehören auch einige wenig bekannte Zivilisten an - aber kein Vertreter mehr des Bündnisses Kräfte für Freiheit und Wandel (FFC), das vor zwei Jahren erfolgreich den Volksaufstand gegen den langjährigen Machthaber Omar al-Bashir organisiert hatte.
Die Vereinten Nationen hatten die sudanesischen Sicherheitskräfte im Vorfeld der Proteste am Samstag zum Gewaltverzicht aufgerufen. Er appelliere erneut an die Streitkräfte, "äußerste Zurückhaltung" zu üben und das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu respektieren, erklärte der UNO-Sondergesandte für den Sudan, der deutsche Diplomat Volker Perthes, im Online-Dienst Twitter.
Seit dem Putsch kam es immer wieder zu Massenprotesten, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Nach Angaben der Ärzteorganisation wurden dabei insgesamt mindestens 15 Menschen getötet und rund 300 weitere verletzt, Hunderte Aktivisten und Demonstranten wurden festgenommen. Politischen Beobachtern zufolge erreichen die Proteste aber nicht mehr das Ausmaß von 2019. (afp)