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Wenn die Hauptperson in Moskau bleibt

Von Michael Schmölzer

Politik

Start am Freitag mit US-Vizepräsidentin Harris, Kanzler Scholz und ukrainischem Präsidenten Selenskyj.


Einer wird nicht dabei sein, wenn sich Spitzenpolitiker aus aller Welt am Freitag im Hotel Bayerischer Hof ein Stelldichein geben: Russlands Außenminister Sergej Lawrow, seit Jahren Stammgast der Münchner Sicherheitskonferenz, lässt sich entschuldigen. Aus "verschiedenen Gründen" würden keine Vertreter der russischen Regierung teilnehmen, heißt es aus Moskau. Das weltweit wichtigste sicherheitspolitische Expertentreffen habe seine Objektivität verloren, sei immer mehr zu einem transatlantischen Forum verkommen.

Mitten in der schwelenden Ukraine-Krise ist es Russland wichtig, auf dem diplomatischen Parkett ein Höchstmaß an Distanziertheit zu demonstrieren. Das zeigt schon der viele Meter lange Tisch, an dem Kreml-Chef Wladimir Putin zuletzt seine westlichen Gäste zu empfangen pflegt. Ein Erscheinen beim Münchner Sicherheitstreffen ist aus russischer Sicht unter den derzeitigen Umständen unpassend.

Wobei die Moskauer Kritik an dem Treffen nicht ganz unberechtigt ist. Die Sicherheitskonferenz war ursprünglich eine wehrpolitische Veranstaltung, ein Treffen unter Nato-Ländern und hat ihr Spektrum erst nach und nach erweitert. So waren in den vergangenen Jahren immer zahlreiche Gäste aus arabischen Ländern, aus China, dem Iran und Afrika anwesend. Es bestand aber nie Zweifel daran, dass es sich hier im Kern um eine westeuropäisch-US-amerikanische Veranstaltung handelt.

Lawrow war in den vergangenen Jahren der Einladung nach München stets gefolgt, es war aber unübersehbar, dass ihm der Termin massives Unbehagen bereitete. Im Februar 2020 meinte er etwa auf die Frage eines Journalisten der "New York Times", es sei egal, was er jetzt antworte: "Sie schreiben ohnehin, was Sie wollen. Also tun Sie das."

Nachdem die Münchner Sicherheitskonferenz im Vorjahr Corona-bedingt nur virtuell stattfand, wird sie heuer in stark reduziertem Umfang abgehalten. Statt der sonst mehr als 2.000 Teilnehmer sind nur 600 zugelassen, tatsächlich werden es laut Konferenzleiter Wolfgang Ischinger noch weniger sein. Auch die Zahl der Beobachter ist stark gesenkt worden. Jeder Teilnehmer muss täglich einen PCR-Test machen, alle müssen geimpft sein. Und es besteht die Möglichkeit, die Konferenz virtuell zu verfolgen.

Scholz hält Grundsatzrede

Mit dabei sind neben 35 weiteren Staats- und Regierungschefs US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz - er will in einem Referat die außenpolitischen Leitlinien Deutschlands zu Gehör bringen. Österreich ist durch Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler vertreten. Dominiert wird das Treffen klar von der Kriegsgefahr in der Ukraine, wobei eine Gegenposition wegen der russischen Abwesenheit am ehesten China einnehmen wird. Peking wird durch Außenminister Wang Yi vertreten sein, ob physisch oder virtuell war zuletzt nicht klar.

Auch das Polizeiaufgebot in München wird im Vergleich zu den Vorjahren mit 3.500 Einsatzkräften gering sein. Hinweise auf die Anreise einer beträchtlichen Zahl ausländischer Störer gebe es nicht, so Gesamteinsatzleiter Michael Dibowski. Die Exekutive rechnet mit einer größeren Demonstrationsveranstaltung, aus Sicherheitsgründen wurden Gully-Deckel zugeschweißt und Schutzzäune errichtet.