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Russland ist nun Malis Partner der Wahl

Von Klaus Huhold

Politik

Der afrikanische Staat wendet sich zusehends von Europa ab, was die dortigen militärischen Missionen erschwert.


Es sind schwere Geschütze, die Malis Regierung gegen Frankreich auffährt: Frankreich habe den malischen Luftraum mehrfach verletzt und Terroristen mit Waffen versorgt, erklärte Malis Außenminister Abdoulaye Diop in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat. Allerdings blieben diese Vorwürfe ohne Beweise.

Die französische Botschaft in Mali wies die Vorwürfe umgehend zurück. Frankreiche sehe Terroristen als Feinde an und hat diese niemals unterstützt. Und man verwies darauf, dass Frankreich bei seinem neunjährigen Anti-Terror-Einsatz in Mali 53 seiner Soldaten verloren habe.

Der Streit markiert einen neuen Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen dem westafrikanischen Land und seiner ehemaligen Kolonialmacht. Dabei waren die Franzosen im Jahr 2013 noch als Helden empfangen worden. Damals standen islamistische Milizen davor, die Hauptstadt Bamako zu erobern. Eine französische Militärintervention verhinderte das.

In der Folge wurden eine Reihe von Missionen ins Leben gerufen, um das Land zu stabilisieren: Die UN-Mission Minusma soll laut Mandat die Zivilbevölkerung schützen und den Ausbau staatlicher Autorität unterstützen, die EU-Mission EUTM wiederum bildet malische Sicherheitskräfte aus. Auch Österreich ist beteiligt, an Minusma mit zwei, an EUTM mit aktuell 23 Soldaten.

Hinzu kamen französische Anti-Terror-Operationen. Doch haben die letzten französischen Soldaten dieser Operationen das Land verlassen. Seit Putschisten des Militärs 2021 die - korrupte und zusehends unbeliebte - Regierung aus dem Amt gejagt haben, sind die französischen Soldaten nicht mehr willkommen. Paris wiederum, das den Putschisten ihre Legitimität abspricht, hegt schon länger Zweifel an der Sinnhaftigkeit der verlustreichen Mission.

Denn die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren zusehends verschlechtert: Dschihadisten und lokale Milizen - der Übergang ist fließend - behrschen den Großteil des Landes.

In Mali wiederum sehen deshalb viele Politiker und Militärs die Bemühungen des Westens als gescheitert an. Das Land verstärkt nun seine Partnerschaft mit Russland - das seinerseits die Chance sieht, den Europäern ihren Platz streitig zu machen.

Russland bietet Waffen, Söldner und Lebensmittel

Erst vergangene Woche hat Präsident Wladimir Putin mit seinem malischen Amtskollegen Assimi Goita telefoniert und dabei über die Lieferung von Nahrung, Düngemitteln und Treibstoff diskutiert. Minusma-Soldaten haben diese Woche aber auch die Ankunft von russischen Uniformierten beobachtet, die gleich neben dem UN-Stützpunkt landeten. Deutschland verlangt von Mali Auskunft über diesen Vorgang. "Denn das ist eine Entwicklung, die das Missions-Umfeld verändert", sagte der deutsche Botschafter.

Zumal schon länger russische Kämpfer in Mali aktiv sind, nämlich der Söldnertruppe Wagner. Und diese richteten laut Untersuchung der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" ein Massaker an: In der Kleinstadt Moura wurden im Frühling 300 Zivilisten getötet. Der Vorfall wird nie gerichtlich untersucht werden: Denn während von den UN- und EU-Soldaten ihre Namen bekannt sind, ist Wagner eine Schattenarmee, für die es keine offiziellen Verträge gibt.

Mali ist ein klassisches Beispiel dafür, was Russland afrikanischen Staaten bietet, um dort Einfluss zu gewinnen: Lebensmittel, Söldner und Waffen. Moskau ist nämlich auch der größte Waffenlieferant des Kontinents, wovon nun Mali mehr profitieren will.

Während Malis Putschisten ihre Kontakte nach Moskau intensivieren, machen sie es den Westeuropäern schwer. So verweigerten sie Deutschland die Überflugserlaubnis für eine Militärmaschine, mit der UN-Soldaten im Zuge einer Rotation abgeholt werden sollten. Nach einem Hin und Her konnten diese nun mit einer zivilen Maschine ausgeflogen werden.

Auch in der EU stellen sich viele Verantwortliche die Frage der Sinnhaftigkeit des Mali-Einsatzes. Bei einem Rückzug würde die EU aber den Russen gänzlich das Feld überlassen. Die EUTM-Mission bleibt vorerst im Land. Auch die österreichischen Kräfte werden nach derzeitigem Stand "weiter ihren Auftrag erfüllen", heißt es aus dem Verteidigungsministerium.