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"Es ist unsere Familie"

Von Petra Tempfer

Politik
Fast wie tatsächlich live dabei im Café Ministerium in Wien.
© Petra Tempfer

Das Queen-Begräbnis rührte manche zu Tränen - auch in Wien, wo es die Österreichisch-Britische Gesellschaft im Café Ministerium mitverfolgte.


Es regnet. Das graue Herbstwetter passt zur Stimmung, als sich die Österreichisch-Britische Gesellschaft Montagvormittag im Café Ministerium in der Wiener Innenstadt versammelt, um das Begräbnis der Queen live im Fernsehen mitzuverfolgen. Dass es mit dem Start der Prozession und des "Public Viewings" in einem Nebenraum des Cafés um 11.44 Uhr ein wenig aufhellt, während der Sarg von der Westminster Hall des Parlaments in die Westminster Abbey gebracht wird, merkt kaum jemand. Zu emotional ist die Stimmung, zu fesselnd die Übertragung der BBC.

"Ooooh, George", ist von mehreren Seiten zu hören, als die Kamera auf den neunjährigen Sohn des nunmehrigen Thronfolgers William schwenkt. Und als man kurz darauf den neuen König Charles III. sieht: "Ihm geht es nicht gut, das merkt man gleich." Das Blumenarrangement auf dem Sarg der verstorbenen Königin Elizabeth II. verharrt besonders lang im Bild. Unter die Rosen in Gold-, Rosa- und tiefen Burgundertönen und weißen Blumen aus den Gärten der königlichen Residenz mischen sich Blätter von Rosmarin, englischer Eiche und Myrte - auf Wunsch des Königs, wie man hört.

"Werte werden zu Grabe getragen"

Die mehr als ein Dutzend anwesenden Mitglieder der Gesellschaft fühlen mit den trauernden Royals mit und scheinen alle - wirklich alle -beim Namen zu kennen. Die meisten von ihnen tragen die Farbe der Trauer, Schwarz. Rund 400 Mitglieder zählt die Österreichisch-Britische Gesellschaft insgesamt, etwa 80 von ihnen seien Briten, sagt Präsident Kurt Tiroch zur "Wiener Zeitung". Etwa dreimal pro Monat fänden Veranstaltungen statt, im Moment seien es freilich mehr. Die Mitglieder haben einen familiären Bezug zu Großbritannien oder seien aus beruflichen Gründen verbunden, so Tiroch. Auch Studenten seien darunter.

Louise Chapman ist Britin und aus einem ganz speziellen Grund in Wien: "Mein Sohn singt bei den Wiener Sängerknaben", erzählt sie. Auch ihr Mann sei kein Wiener, er komme aus Brüssel. Die königliche Familie sei für sie wie ihre eigene. "Es ist unsere Familie", sagt sie: "Auch wenn wir nicht blutsverwandt sind." Der Queen sei sie nie persönlich begegnet, "deshalb verstehe ich gar nicht, warum ich so traurig bin". Vermutlich seien es die Werte, die ihr die Königin stets vermittelt habe, meint sie nach kurzem Nachdenken - und die nun gemeinsam mit ihr zu Grabe getragen werden.

Probleme ohne Drama bewältigt

Die ersten Taschentücher werden im Café Ministerium gereicht. Bis zum Ende des Tages sollen es noch viele weitere sein. Big Ben läutet. "Es ist ein bisschen, wie in London mit dabeizusein", sagt ein weiteres Mitglied, ein Österreicher, der in London gearbeitet hat. Nach der anfänglichen Runde Tee mit vereinzelt Kaffee wird der erste Wein serviert.

"Ich habe die Queen bewundert", sagt Chapman und streicht das Tischtuch - ein Meer von Union Jacks - glatt. "Sie hatte Probleme wie wir alle und hat sich ihnen gestellt." Und zwar ohne sich zu beschweren oder ein Drama daraus zu machen, so Chapman weiter. Wie zum Beispiel, und jetzt im Flüsterton: "Meghan."

König Charles III. habe einen ganz anderen Charakter als Elizabeth II., darüber sind sich die vor dem Fernseher Versammelten einig. Damit die Übertragung nicht spiegelt, muss man nun sogar die Vorhänge zuziehen - in Wien wie in London kommt die Sonne durch. Charles III. werde es anders machen. Anders, aber auch gut. Als Teil der königlichen Familie stehe man hinter ihm.

Mehr Informationen zur Österreichisch-Britischen Gesellschaft unter www.oebrg.at