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Abkehr von Null-Covid: KP nimmt Unmut ernst

Von Von Klaus Huhold

Politik
In China soll, wie hier in diesem Cafe in Peking, wieder mehr Normalität zurückkehren.
© Reuters / Thomas Peter

Situation bleibt für KP schwierig, und es ist fraglich, ob sich Corona-Politik langfristig ändert.


Und sie bewegt sich doch, und das nicht wenig: Der Zehn-Punkte-Plan, den Chinas Kommunistische Partei am Mittwoch zur Lockerung der Corona-Maßnahmen vorgestellt hat, ist eine Abkehr von der harschen Null-Covid-Politik: Infizierte mit nur schwachen Symptomen können sich nun zu Hause auskurieren und müssen nicht mehr in die Quarantänezentren. Es sollen nur mehr einzelne Wohnblocks und nicht mehr ganze Bezirke in den Lockdown gestellt werden. Vorbei sollen auch die Zeiten sein, in denen man ohne Test nirgendwo reinkonnte, vielmehr soll nun gar das Reisen zwischen den Provinzen ohne negativen Test möglich sein.

Der wirtschaftliche Druck mag hier - das Wachstum ist wesentlich geringer, als es die Volksrepublik gewohnt ist - eine Rolle gespielt haben. Vor allem aber zeigt diese Abkehr von der Covid-Politik: Die KP ist trotz des starren Führungsstils ihres Vorsitzenden Xi Jinping noch pragmatisch genug, dass sie die Stimmung in der Bevölkerung ernst nimmt und auf sie antwortet. Denn es ist freilich kein Zufall, dass diese Änderungen nun kurz nach den größten Protesten, die das Land seit Jahrzehnten erlebt hat, erfolgen.

Mit diesem Entgegenkommen einerseits und Verhaftungen und Einschüchterungen der Demonstranten andererseits scheint es der KP gelungen zu sein, die Proteste, die sich gegen die harte Corona-Politik gerichtet hatten, vorerst einzufangen. Doch die Situation bleibt für die Staatsführung äußerst schwierig, und inwieweit sich der Alltag auf lange Sicht ändert, wird sich erst weisen.

Denn drei Jahre lang war die von KP-Chef Xi Jinping gepredigte Null-Covid-Politik ein Dogma, dem sich die Funktionäre in den einzelnen Provinzen zu unterwerfen hatten. Sie überboten sich fast in der Härte ihrer Lockdowns, um die Infektionszahlen möglichst nach unten zu drücken. Wie schnell hier nun ein Umdenken mit all den dazu gehörigen behördlichen Maßnahmen erfolgt, bleibt abzuwarten.

Gleichzeitig bringen die Lockerungen auch große Unsicherheit mit sich: Nur 40 Prozent der Menschen über 80 Jahren haben eine Booster-Impfung erhalten. Drüber hinaus verweigert das Regime den effizienteren westlichen Impfstoffen die Zulassung. Damit droht China eine Überlastung des Gesundheitswesens und laut Prognosen medizinischer Fakultäten eine noch nicht da gewesene Todeswelle. Tritt das ein, würde die Partei ihr großes Versprechen brechen: Dass sie ihre Bevölkerung besser vor dem Virus schützt als andere Regierungen. Dann könnte es sein, dass die KP die Öffnungen wieder kassiert.