Anhänger von Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro haben am Sonntag den Kongress, den Präsidentenpalast Planalto und das Oberste Gericht in der Hauptstadt Brasília gestürmt. Die Proteste der Bolsonaro-Anhänger richten sich gegen den Wahlsieg des seit Jahresanfang amtierenden Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. 

Dabei zerschlugen sie Fensterscheiben und richteten erheblichen Sachschaden an, wie auf Fotos zu sehen war, die in Online-Netzwerken verbreitet wurden. Sie drangen auf das Gelände des Parlaments vor und gelangten auf das Dach des Gebäudes, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Auf Video-Aufnahmen örtlicher Medien zeigten, wie laut Schätzungen rund 3000 Menschen in den gestürmten Gebäuden Möbel zerstörten. Die Polizei setzte Tränengas ein.

In dem Kongressgebäude befinden sich der Senat und das Abgeordnetenhaus. Viele Eindringlinge trugen gelbe Kleidung und schwenkten die brasilianische Flagge. Auch auf den umliegenden Rasenflächen und Plätzen sowie vor dem Präsidentenpalast Planalto versammelten sich zahlreiche Bolsonaro-Anhänger. Versuche von Sicherheitskräften, die Bolsonaro-Anhänger mit Tränengas zurückzudrängen, hatten offenbar keinen Erfolg.

Brasiliens Präsident Lula hielt sich am Sonntag nach Angaben von Beamten im Bundesstaat Sao Paulo auf. Lula hatte vor einer Woche seinen Amtseid abgelegt. Sein Vorgänger, der Rechtspopulist Bolsonaro, erkannte den Sieg nicht an und verließ das Land 48 Stunden vor dem Ende seiner Amtszeit.

Bolsonaro rief zum Kampf auf

Vor seinem Abflug nach Florida wandte er sich an seine Anhänger und rief sie zum Kampf gegen Lula auf. Sie haben seit der Stichwahl gegen deren Ausgang protestiert und einen Militärputsch gefordert, um eine Amtsübernahme von Lula zu verhindern. Dieser ist zum dritten Mal im Amt. Er war bereits von 2003 bis 2010 Staatsoberhaupt.

Die Kluft zwischen beiden Lagern in der Gesellschaft ist so tief wie nie seit der Rückkehr des Landes zur Demokratie 1985. Beide Politiker machten sich im Wahlkampf gegenseitig massive Vorwürfe etwa wegen Korruption und haben damit zur Polarisierung der Gesellschaft beigetragen. Lula war 2018 wegen Bestechlichkeit verurteilt worden und hatte eineinhalb Jahre im Gefängnis verbracht. 2021 wurden die Urteile gegen ihn aufgehoben. Seine Zeit im Gefängnis habe seinen Sinn für soziale Gerechtigkeit verstärkt, sagten Vertraute. (apa, afp, reuters, dpa)