Inmitten einer neuen Welle der Gewalt in Nahost ist US-Außenminister Antony Blinken am Montag in Israel eingetroffen. Auf dem Programm standen Gespräche mit Premier Benjamin Netanjahu und Außenminister Eli Cohen, später auch mit Vertretern der Palästinenser. Es ist dies auch ein Antrittsbesuch Blinkens bei der neuen Regierung Israels - die am weitsten rechts stehende, die das Land je hatte.

Sie ist erst seit einem Monat im Amt und bereits mit ungeahnten Problemen konfrontiert. Denn zuletzt ist der Konflikt mit den Palästinensern gefährlich eskaliert, die aktuelle Gewaltwelle hat allerdings schon zu Zeiten der liberaleren Vorgängerregierung begonnen.

Für Zwei-Staaten-Lösung

Am Freitag hatte ein junger Palästinenser sieben Menschen vor einer Synagoge in Ost-Jerusalem getötet, am Samstag folgte ein weiterer Anschlag. Einen Tag vor dem Attentat vor der Synagoge waren bei einer Razzia der israelischen Armee im palästinensischen Flüchtlingslager Jenin im Westjordanlands zehn Palästinenser getötet worden.

Ziel von Blinkens Besuch in der Region ist eine Beruhigung der Lage. Die israelische Seite kündigte an, man werde als Reaktion auf den jüngsten Anschlag das Waffenrecht liberalisieren und den Siedlungsbau vorantreiben. Washington hat die israelische Siedlungspolitik im besetzten Westjordanland zuletzt deutlich kritisiert.

Blinken rief generell zur Zurückhaltung auf. Er fordere "alle Parteien auf, die Lage zu beruhigen und die Spannungen zu deeskalieren". Gleichzeitig betonte er die Wichtigkeit, "auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinzuarbeiten". Blinken verurteilte die palästinensischen Anschläge und die RacheReaktion Israels mit deutlichen Worten. Beide Seiten seien aufgerufen, Schritte der Eskalation zu unternehmen und nicht Öl ins Feuer zu schütten, so Blinken. Er werde diese Position auch bei seinen Gesprächen im Westjordanland vertreten.

Chancen auf Erfolg gering

Am Dienstag will Blinken mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammenkommen. Die Palästinensische Autonomiebehörde hatte zuletzt Israel für die neu aufgeflammte Gewalt verantwortlich gemacht, der Informationsaustausch wurde heruntergefahren.

Nachdem der Nahost-Friedensprozess seit geraumer Zeit so gut wie tot ist, werden Blinkens Bemühungen wenig Chancen auf Erfolg eingeräumt. Eines seiner Hauptziele dürfte sein, die Vorhaben und die Gesprächsbereitschaft der neuen israelischen Regierung auszuloten.

Die Spannungen nehmen unterdessen nicht ab: Am Montag töteten israelische Truppen im Westjordanland einen palästinensischen Autofahrer, der zuvor einen Soldaten angefahren haben soll. Damit stieg die Zahl der in diesem Monat im Westjordanland und in Ost-Jerusalem getöteten Palästinenser auf 35.

Neben der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern ist der Atomstreit mit dem Iran Thema der Visite Blinkens. Die US-Regierung hat zuletzt ein militärisches Vorgehen nicht ausgeschlossen, um den Iran davon abzuhalten, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen. Blinken machte allerdings auch klar, dass der bevorzugte Weg jener der Diplomatie sei. Bereits im Sommer 2022 hatte US-Präsident Joe Biden einen Angriff "als letztes Mittel" ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Explosionen im Iran

Im Iran selbst ist es offenbar zu einer Explosion in einem Rüstungsbetrieb und einem Brand in einer Motorenölfabrik gekommen. Das Verteidigungsministerium in Teheran erklärte, in der Nacht zum Sonntag sei ein staatlicher Rüstungsbetrieb nahe der Stadt Isfahan von Drohnen angegriffen worden. Eine Drohne sei abgeschossen worden, und zwei weitere wären beim Abfangen explodiert und hätten geringen Schaden angerichtet. Die genauen Hintergründe sind ungeklärt.