Hier die Stärkung der Nato-Ostflanke, dort die Vertiefung der sino-russischen Kooperation: Während US-Präsident Joe Biden in Warschau mit osteuropäischen Spitzenpolitikern zusammenkam, war in Moskau Chinas Chef-Diplomat Wang Yi zu Gast. Und noch höherrangiger Besuch hat sich bereits angesagt: Wie der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch verkündete, wird der chinesische Staatschef Xi Jinping anreisen.

"Alles geht voran, entwickelt sich. Wir erreichen neue Grenzen", konstatierte Putin nach dem Gespräch mit Wang. Dieser hob hervor, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern dem Druck einer instabilen internationalen Situation standgehalten hätten und dass Krisen gewisse Chancen bieten. Das sino-russische Verhältnis richte sich nicht gegen Dritte, es werde aber auch "nicht dem Druck Dritter nachgeben".

Wangs Äußerung wurde als rhetorische Spitze gegen die USA interpretiert, die zunehmend befürchten, dass die Volksrepublik Russland mit Waffen im Krieg gegen die Ukraine unterstützen könnte. Kurz vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine vor einem Jahr hatten Putin und Xi eine umfassende Partnerschaft verabredet. Die Annäherung der beiden Großmächte wird im Westen ebenso mit Sorge beobachtet wie ein vor kurzem von China in Aussicht gestellter Friedensplan für die Ukraine.

Republik Moldau als Gast

Daher sicherten auf der anderen Seite die Nato-Partner einander - und der Ukraine - ihre Unterstützung zu. Biden, der nach einem Überraschungsbesuch in Kiew nach Warschau gereist war, würdigte bei einem Gipfel osteuropäischer Nato-Staaten - der "Bukarest Neun" - die Bedeutung der sogenannten Ostflanke des transatlantischen Militärbündnisses. Es handle sich um die Front der gemeinsamen Verteidigung, betonte der US-Präsident. Artikel 5 bezeichnete er daher als "eine heilige Verpflichtung, die die Vereinigten Staaten eingegangen sind". Darin wird die Beistandspflicht der Nato-Staaten bei einem bewaffneten Angriff auf ein Mitglied geregelt.

Dem 2015 gegründeten "Bukarest Neun"-Format gehören Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen an. Auch diese Länder bekräftigten bei dem Treffen in Polen die Unterstützung ihrer eigenen kollektiven Sicherheit wie die der Ukraine. Die Aggression Russlands gegen das Nachbarland habe die Geschichte dieses Teils von Europa verändert, meinte der polnische Präsident Andrzej Duda. Sein rumänischer Amtskollege, Klaus Johannis, konstatierte, dass Russland vor einem Jahr versucht habe, die europäische und transatlantische Sicherheit zu zerstören. "Wir müssen fest stehen und unsere Verpflichtungen einhalten, die Ukraine zu unterstützen, solange es braucht, um diesen Krieg zu gewinnen", kommentierte Johannis. Genauso sei eine europäische und transatlantische Perspektive der Ukraine zu befürworten.

So eine Aussicht wünscht sich auch die Republik Moldau, die als Nicht-Nato-Mitglied in Warschau vertreten war. Deren Präsidentin Maia Sandu traf Biden und Duda. Sie hatte erst vor kurzem vor einem Putsch in ihrem Land gewarnt, den Russland vorbereiten könnte. Die Republik Moldau ist politisch zwischen proeuropäischen und prorussischen Kräften zerrissen. In dem abgespaltenen Gebiet Transnistrien an der Grenze zur Ukraine stehen noch russische Truppen.

Grenzen aufzeigen?

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warb unterdessen in Polen für weitere Hilfe für die Ukraine und dafür, Russland ein für alle Mal seine Grenzen aufzuzeigen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Russland weiter die europäische Sicherheit untergräbt", sagte der Norweger. Er verwies darauf, dass Russland bereits im Jahr 2008 Georgien angegriffen und 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte. Außerdem unterstützt es Separatisten in der Ostukraine. "Wir erleben Russlands aggressives Verhaltensmuster seit vielen Jahren", stellte Stoltenberg fest.

US-Präsident Biden kritisierte zudem den Schritt Russlands, die Teilnahme am zentralen Atomwaffenkontrollprogramm beider Länder auszusetzen, als "großen Fehler" Putins. Dieser hatte am Dienstag erklärt, Russlands Beteiligung am "New Start"-Vertrag mit den USA werde suspendiert.

Das mache einen Atomkrieg aber nicht wahrscheinlicher, hieß es dann am Mittwoch. So zitierten mehrere Nachrichtenagenturen eine entsprechende Erklärung des Außenministeriums in Moskau. Demnach will Russland auch an der bisherigen Haltung zum Einsatz von Kernwaffen wie an der Obergrenze für Atomsprengköpfe festhalten. (reu/dpa)