In politisch und wirtschaftlich angespannter Lage wählt Nigeria am Samstag einen neuen Präsidenten. Drei Tage vor der Wahl war der für den Senat kandidierende Politiker Oyibo Chukwu auf dem Rückweg von einer Wahlkampfveranstaltung in einen Hinterhalt geraten und erschossen worden, teilte die Labour Party am Donnerstag mit. Vermutlich handle es sich um einen politischen Anschlag. Die Polizei bestätigte den Vorfall, der sich bereits am Mittwoch im Südosten des Landes ereignet hatte. Über den oder die Täter lagen zunächst keine Informationen vor.

Zum ersten Mal gibt es drei Favoriten für das höchste Staatsamt in der bevölkerungsreichsten Demokratie Afrikas. Der Ausgang ist völlig offen. 17 Männer und eine Frau bewerben sich um die Nachfolge von Präsident Muhammadu Buhari, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf. Doch nur dreien werden Chancen eingeräumt:

Die Regierungspartei All Progressives Congress (APC) schickt Bola Tinubu ins Rennen, der auf seine Erfolge als Gouverneur der Megacity Lagos verweist. Der 70-Jährige, ein Muslim aus dem Südwesten vom Volk der Yoruba, wird wegen seines weitreichenden Einflusses in der Politik "der Pate" genannt. Er kann sich auf große Unterstützung in Lagos und der mächtigen Gouverneure der APC stützen. Seine Nähe zum scheidenden Präsidenten, Korruptionsvorwürfe sowie seine gesundheitliche Verfassung könnten ihn jedoch Stimmen kosten.

Der 76-jährige Atiku Abubakar ist der Kandidat der größten Oppositionspartei, der Peoples Democratic Party (PDP). Der ehemalige Vizepräsident kandidiert zum sechsten Mal. Er ist ebenfalls Muslim, vom Volk der Fulani aus dem Norden, verfügt aber seinen Unterstützern zufolge über ein Netzwerk über ethnische und religiöse Grenzen hinweg. Auch Abubakar war in Bestechungsskandale verwickelt und die Entscheidung für einen Kandidaten aus dem Norden spaltete die PDP.

Peter Obi von der Labour Party (LP) ist der dritte Favorit und mit 61 Jahren der jüngste. Der ehemalige Gouverneur des Bundesstaates Anambra, ein Christ, präsentiert sich als Politiker des Wandels und ist bei der städtischen Jugend besonders populär. Er könnte traditionelle PDP-Wähler im Süden für sich gewinnen und Tinubus Machtbasis in Lagos schwächen. Obis Kandidatur macht das Ergebnis schwer vorhersehbar und könnte dazu führen, dass es zum ersten Mal seit Ende der Militärherrschaft 1999 in Nigeria eine Stichwahl gibt.

Um zu gewinnen, muss ein Kandidat die meisten Stimmen erhalten und außerdem mindestens 25 Prozent in zwei Dritteln der 36 nigerianischen Bundesstaaten und der Hauptstadt erreichen. Diese Regelung ist der Spaltung des westafrikanischen Landes in den mehrheitlich muslimischen Norden und den christlichen Süden geschuldet sowie den drei großen ethnischen Gruppen der Yoruba, Hausa und Igbo.

Von den 216 Millionen Einwohnern sind 93,5 Millionen als Wähler registriert. Knapp zehn Millionen überwiegend junge Nigerianer haben sich neu ins Wahlregister eingetragen. Die Wahllokale sind am Samstag von 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr geöffnet. Außer dem Präsidenten werden auch die Abgeordneten des Parlaments und des Senats neu gewählt. Eine Stichwahl würde drei Wochen später stattfinden.

Wahlen in Nigeria wurden oft von Gewalt sowie logistischen Problemen überschattet. 2019 entschied die Wahlkommission wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale, die Abstimmung zu verschieben.

Große Herausforderungen

Der neue Präsident steht vor großen Herausforderungen: Die Armut wächst und die islamistische Miliz Boko Haram terrorisiert die Bevölkerung seit Jahren mit Angriffen und Entführungen. Kurz vor der Wahl wurde zudem das Bargeld knapp, nachdem die Zentralbank alte Naira-Scheine durch neue ersetzte, um Korruption und Inflation einzudämmen.

Viele Menschen konnten nicht mehr einkaufen, in mehreren Städten gab es Unruhen. Neun von zehn Nigerianern gaben in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Afrobarometer an, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickle - die pessimistischste Stimmung seit einem Jahrzehnt. (apa, dpa)