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Frust über Währungsreform könnte Wahl entscheiden

Politik

Afrikas größter Volkswirtschaft geht das Bargeld aus - und sorgt für Zorn.


Wien/Abuja. Wenn in Nigerias Kirchen die Körbe für die Kollekte herumgereicht werden, dann landet derzeit nicht viel in ihnen. Die Messbesucher reichen sie schnell weiter oder tun kurz so, als ob sie Geld hineingeben würden, berichten Medien vor Ort. Manche Kirchen haben schon vorgesorgt und ermöglichen nun auch Spenden mit der Bankomatkarte.

Afrikas größter Volkswirtschaft geht das Bargeld aus. Die Bürger des 216-Millionen-Einwohner-Landes mussten ihre alten Banknoten abgeben, um diese gegen neue einzutauschen. Doch von den neuen sind nicht genug vorhanden.

Das hat den Geldfluss ordentlich ins Stocken gebracht. Markthändler bleiben etwa auf ihren Waren sitzen, weil die Kunden nicht mehr bezahlen können. Und gerade für die Menschen mit ohnehin schon geringem Einkommen, die sich von Tag zu Tag durchschlagen müssen, ist diese Währungsreform eine Katastrophe: Immer mehr Familien wissen nicht mehr, wie sie die nächste Mahlzeit finanzieren sollen, weil ihnen das Geld ausgeht.

Die Misere rund um die Währungsreform könnte Einfluss auf die Präsidenten- und Parlamentswahl haben, die am Samstag stattfinden. Denn die Wut vieler Bürger ist groß, und das könnte auf die Regierungspartei All Progressives Congres und ihren Präsidentschaftskandidaten Bola Tinubu, der Amtsinhaber Muhammadu Buhari beerben will, abfärben. Es ist ohnehin ein Rätsel, warum die Regierung so knapp vor der Wahl die Währungsreform durchführte. Sie selbst sagt, dass sie damit Inflation und Korruption eindämmen wolle.

Dabei ist gerade die Korruption ein Vorwurf, der immer wieder gegen die Regierung erhoben wird. Auch Tinubu wird nicht umsonst "Der Pate" genannt, wobei der Ex-Gouverneur von Laos, der das Steueraufkommen in der Metropole stark erhöhte, alle Vorwürfe abstreitet.

Auch Atiku Abubakar, der Kandidat der größten Oppositionspartei, Peoples Democratic Party, war in Bestechungsskandale verwickelt. Der 76-Jährige aus dem moslemischen Norden ist ein reicher Geschäftsmann und mit Wirtschaftskapitänen, hochrangigen Politikern und religiösen Würdenträgern bestens vernetzt.

Sowohl Tinubu als auch Abubakar gelten als Kandidaten der Elite. Der Frust der Bevölkerung mit dieser ist groß, wozu auch das Gewaltproblem beiträgt. Es kommt zu Anschlägen, kriminelle Banden entdecken immer mehr Entführungen als einträgliches Geschäft, und erst diese Woche wurde ein Senator der oppositionellen Labour Party erschossen.

Diese präsentiert sich geschickt als Kraft des Wandels. Ihr Präsidentschaftskandidat Peter Obi gilt vor allem bei jüngeren Wählern als populär, weshalb ihm Chancen auf den Sieg oder zumindest den Einzug in die Stichwahl - mit den Ergebnissen wird Mitte kommender Woche gerechnet - eingeräumt werden. Obi hat aber einen Nachteil: Er besitzt für die landesweite Kampagne wesentlich weniger Geld als Tinubu und Abubakar. (klh)