Tel Aviv. In Huwara sind die Spuren der nächtlichen Eskalation auch am Tag danach noch überall zu sehen. Auf einem Schrottplatz der kleinen Stadt im von Israel besetzten Westjordanland stehen dutzende Autos, von denen das Feuer nicht viel mehr als das stählerne Skelett übrig gelassen hat, Stoßstange an Stoßstange. Die in der Nähe liegenden Häuser haben große schwarze Russflecken an den Fassaden oder sind ganz ausgebrannt.
Nur wenigen Stunden zuvor waren jüdische Siedler durch die Stadt gezogen und hatten als Rache für die Ermordung zweier Israelis neben zahlreichen Autos auch mehr als 30 palästinensische Geschäftslokale und Wohnhäuser in Brand gesetzt. Die beiden Brüder im Alter von 20 und 22 Jahren waren bei einem Kontrollpunkt im nahe gelegenen Nablus von unbekannten Tätern in ihrem Auto beschossen worden und erlagen kurz darauf im Spital ihren Verletzungen.
"Wir erwarten, dass schwierige Tage vor uns liegen", sagt der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant, als er am Montag mit großem Sicherheitsaufgebot durch die fast leeren Straßen von Huwara marschiert. "Wir dürfen aber nicht erlauben, dass die Bürger das Gesetz selbst in die Hand nehmen." Eine weitere Eskalation der Gewalt soll nun vor allem die Ausweitung der israelischen Armeepräsenz verhindern. Nachdem bereits am Sonntag zwei Bataillone ins Westjordanland geschickt worden waren, trafen am Montag auch noch zusätzlich Soldaten einer Infanteriebrigade in der Gegend um Huwara ein.
Erste Gespräche seit langem
Die gewaltsamen Ausschreitungen überschatten auch ein Treffen in der jordanischen Hafenstadt Akaba, bei dem erst am Sonntag vertrauensbildende Maßnahmen zwischen Israel und den Palästinensern vereinbart worden waren. An den mutmaßlich ersten direkten Gesprächen dieser Art zwischen beiden Seiten seit Jahren nahmen auch Regierungsvertreter der USA, Jordaniens und Ägyptens teil. Ein weiteres Treffen wurde für kommenden Monat im ägyptischen Sharm el-Sheikh angesetzt.
Israelis und Palästinenser wollten "einseitige Maßnahmen" für drei bis sechs Monate aussetzen, hieß es ohne Nennung weiterer Details in einer gemeinsamen Erklärung. Israel verpflichtete sich demnach, vier Monate lang keine Diskussionen über den Bau neuer Siedlungen im Westjordanland zu führen und sechs Monate lang keine neuen Siedlungs-Außenposten zu genehmigen.
Wie ernst es Israel meint, ist allerdings unklar. So hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf Twitter die Ergebnisse der Verhandlungen in Akaba gleich wieder relativiert. Israel habe sich zu keinem Baustopp verpflichtet, erklärte er. Der Ausbau und die Legalisierung von Siedlungen im Westjordanland sollten wie geplant weitergehen.
Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten ist bereits seit langem extrem angespannt. Seit dem Amtsantritt der rechts-religiösen Regierung von Netanjahus vor zwei Monaten hat sie sich aber noch einmal deutlich zugespitzt.