Ein landesweiter "Tag der Störung" als Protest gegen die Justizreform in Israel hat am Donnerstag mit zahlreichen Demonstrationen und Straßensperren begonnen. Demonstranten schwenkten blau-weiße Nationalflaggen und blockierten nach Medienberichten vorübergehend die zentrale Küstenstraße sowie eine Hauptverkehrsstraße im Zentrum von Tel Aviv. Außerdem verriegelten sie als Zeichen des Protests die Eingänge zahlreicher Schulen mit Ketten.

Die Demonstranten kamen auch zum internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv, um dort Zufahrtsstraßen zu sperren. Ziel ist es, eine Reise des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu nach Italien zu verhindern. Nach Medienberichten wollte der Premier jedoch mit einem Hubschrauber zum Flughafen gelangen, um die Straßensperren zu umgehen.

Die Reform schreitet trotz heftiger Proteste großer Teile der Bevölkerung voran. Laut Medienberichten könnte sie im Schnellverfahren bis April abgesegnet werden. Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung Netanyahus soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Außerdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Einfluss erhalten. Das Gesetzesvorhaben könnte dem Regierungschef auch in einem schon länger gegen ihn laufenden Korruptionsprozess in die Hände spielen.

"Nie wieder Wahlen"

Oppositionsführer Yair Lapid äußerte im Gespräch mit der Nachrichtenseite ynet die Sorge, nach Umsetzung der Reform könnte es in Israel "nie wieder Wahlen" geben. "Es wird hier keine Demokratie mehr geben", warnte Ex-Ministerpräsident Lapid, der im vergangenen Jahr die Wahl gegen Netanyahu verloren hatte. Experten haben auch vor katastrophalen Auswirkungen der Reform auf die israelische Wirtschaft gewarnt. (apa)