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Gemeinsam gegen die USA

Von Klaus Huhold

Politik

Chinas Parteichef Xi besucht seinen "lieben Freund" Putin. Was hält China an der Seite Russlands?


Dass dieser Staatsgast am Montag am Moskauer Flughafen über den roten Teppich schritt, hat für Russland eine immense Bedeutung: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping unterstreicht mit seinem dreitägigen Staatsbesuch in Russland, dass er an der strategischen Partnerschaft mit dem Nachbarland festhalten will.

Xi und Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichneten sich bei der Begrüßung gegenseitig auch als "lieber Freund". Während Putin dem chinesischen Gast für dessen ausbalancierten Blick auf die internationale Lage dankte, erhofft sich Xi von dem Treffen "neue Impulse" für die Beziehungen.

Sonst waren am Montag erste Beratungen angesetzt. Allein schon der Umstand, dass er Xi in Moskau empfangen kann, ist für Putin sowohl nach innen als auch nach außen ein wichtiges Zeichen: Er kann sich damit der eigenen Bevölkerung als Staatschef präsentieren, der weiter wichtige internationale Verbündete hat. Darüber hinaus wertet Xi mit seinem Besuch Putin auf dem internationalen Parkett auf. Er konterkariert damit die Bemühungen des Westens, Putin zum geächteten Paria zu machen.

Weder der Druck aus dem Westen noch die von Russland angerichteten Verwüstungen und Zerstörungen in der Ukraine konnten bisher China davon abhalten, von Russland abzurücken. Sucht man das Motiv dahinter, ist wahrscheinlich ein Satz sehr aufschlussreich, den Xi am Rande des Nationalen Volkskongresses Anfang März sagte: "Insbesondere die westlichen Länder, angeführt von den USA, verfolgen eine umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas, was nie da gewesene schwere Herausforderungen für die Entwicklung Chinas mit sich bringt", sagte der Parteichef.

China sieht sich als aufstrebende Weltmacht, deren Aufstieg insbesondere die USA mit allen Mitteln zu bremsen versuchen. Und diese Systemkonkurrenz erklärt auch vieles von Chinas Haltung bezüglich des Krieges in der Ukraine.

So hat China nie Russland als Aggressor benannt, sondern das Moskauer Narrativ übernommen, dass Russland "legitime Sicherheitsinteressen" verteidigen würde. Peking schreibt somit der Nato und ihrer Osterweiterung die Schuld an der Eskalation in der Ukraine zu.

Diese Haltung erklärt sich auch daraus, dass China die Präsenz des US-Militärs in seinem regionalen Umfeld ebenso ablehnt. Dabei hat es Bündnisse wie "Quad" zwischen Japan, Australien und Indien im Auge. Die mit den USA verbündeten Staaten versprechen sich von solchen Bündnissen wiederum Schutz vor dem immer aggressiveren machtpolitischen Auftreten Chinas, das etwa im Südchinesischen Meer oder an der Grenze zu Indien mit Gebietsansprüchen einhergeht.

Weil es sich vom Westen bedrängt sieht, hält China auch an Putin fest, erklärte Cheng Li, Direktor des Chinazentrums der Denkfabrik Brookings. "Sollte Russland fallen, wird sich der Westen vollständig gegen China ausrichten und an dessen Grenze stehen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". China würde fürchten, "isoliert zu werden".

Gleichzeitig warnt China aber vor einer "Mentalität des Kalten Krieges" und will vermeiden, zu sehr in eine Blockbildung hineingezogen zu werden. So umgarnt Peking die Europäer. Zuletzt betonte der neue Außenminister Qin Gang, dass die Volksrepublik die Europäer als Partner ansehen würde - äußerte dabei auch den Wunsch, dass diese stärker von den USA abrücken.

Chinas Friedensinitiative wird besprochen

Darüber hinaus hat China eine Friedensinitiative für die Ukraine vorgelegt, die Putin und Xi nun bei dem Staatsbesuch besprechen wollen. Dabei warnt China zwar mit Blick auf Russland vor einem Atomschlag und spricht sich gegen die Zerstörung ziviler Infrastruktur aus. Gleichzeitig wird der Angreifer Russland in dem Papier nie als Aggressor genannt, wird mit keinem Wort die Einverleibung ukrainischen Staatsgebietes durch Russland konkret benannt. Vielmehr ruft Peking zu Friedensgesprächen ohne Vorbedingungen auf. Auch wenn Peking rhetorisch auf die Wahrung der "territoriale Unversehrtheit" beharrt, stellt es mit seiner Initiative in den Raum, dass die Ukraine verlorene Gebiete abtreten muss und Russland mit einem Angriffskrieg die Grenzen in Europa verschiebt. Das ist der Hauptgrund, warum der Westen den Plan ablehnt.

Die Position Chinas in dem Ukraine-Krieg ist vor dem Hintergrund der langfristigen Ziele der Volksrepublik zu sehen. Peking strebt eine "multipolare Weltordnung" an. Das Verständnis Chinas für Russland im Ukraine-Krieg gibt vielleicht Aufschluss darüber, wie sich Peking bei allen blumigen Worten der Gleichberechtigung und der Harmonie diese Weltordnung vorstellt: Als eine, in der der Einfluss der USA massiv zurückgedrängt ist und Mächte wie China und Russland ihre Vorstellungen - auch mit dem Recht des Stärkeren - mehr durchsetzen können.

So sei China bereit, an der Seite Russlands eine Weltordnung auf der Basis des Völkerrechtes zu verteidigen, meinte Xi schon im Vorfeld seines Besuches. Was Russland vom Völkerrecht hält, hat es mit seinem Angriff auf die Ukraine, einen souveränen Staat, bewiesen. Dass die Volksrepublik mit einer derartigen Formulierung Moskau Rückendeckung gibt, verschafft Einblick, nach welchen Normen so ein Völkerrecht mit chinesisch-russischer Handschrift ausgerichtet wäre.