Bei einem festlichen Staatsakt im Kreml haben Kreml-Chef Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ihre strategische Partnerschaft mit neuen Abkommen bekräftigt. Unterzeichnet worden seien zwei Abkommen über die Partnerschaft und über die strategische Zusammenarbeit der Nachbarn bis 2030, sagte Putin bei einem gemeinsamen Auftritt. Xi lobte die "konstruktiven Gespräche" mit Putin und sprach von einem Ausbau des Handels und der Wirtschaftskooperation.
Bei den Verhandlungen ging es auch um den Krieg in der Ukraine. Putin lobte erneut das international skeptisch aufgenommene Ukraine-Papier Chinas. "Wir finden, dass viele der Positionen des von China vorgebrachten Friedensplans mit den russischen Ansätzen übereinstimmen und als Grundlage für eine friedliche Lösung genommen werden können, sobald der Westen und Kiew dazu bereit sind", sagte der 70-Jährige, der von "warmherzigen und kollegialen" Gesprächen mit seinem Freund Xi sprach. China hatte einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen vorgeschlagen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Putin und Xi hätten bereits am Montag viereinhalb Stunden über die Ukraine gesprochen. "Es gab die Möglichkeit, alles zu klären", so Peskow. "Sie haben sich gegenseitig angehört, das ist das Wichtigste."
Xi sagte laut russischer Übersetzung, China halte sich an "die Ziele und Prinzipien der UNO-Charta". Zugleich betonte er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, den Putin vor mehr als einem Jahr angeordnet hatte, sein Land nehme eine "objektive und unparteiische Position" ein. Für internationale Beobachter gilt China allerdings keinesfalls als neutrale Instanz - vor allem, weil das mit Russland verbündete Land den Einmarsch in die Ukraine nie verurteilt hat. Über mögliche Waffen- und Munitionslieferungen Chinas an Russlands wurde nichts bekannt.
100 Milliarden Kubikmeter Gas für China
Xi sagte, dass China etwa mehr Elekrotechnik an Russland liefern wolle. Umgekehrt wurden zusätzliche russische Gaslieferungen an China vereinbart. Beide Staaten wollen ihre Verkehrsverbindungen erweitern, darunter Straßen und Brücken. Zuvor hatte Putin bei den Verhandlungen schon der energiehungrigen Wirtschaft des Nachbarn eine zuverlässige Versorgung mit Öl und Gas zugesichert. Russlands Unternehmen seien in der Lage, die wachsende Nachfrage der chinesischen Wirtschaft nach Energie zu befriedigen, sagte Putin. Bis 2030 solle die Gaslieferung auf fast 100 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen. Zudem würden 100 Millionen Tonnen Flüssiggas geliefert, aber auch Kohle und atomarer Brennstoff.
Die Rohstoffgroßmacht Russland orientiert sich nach dem Wegbruch des europäischen Energiemarktes im Zuge ihres Krieges gegen die Ukraine zunehmend nach Asien. China erhält die Energie mit Preisabschlägen. Nach Darstellung Putins hat das Handelsvolumen zwischen China und Russland im vergangenen Jahr einen Rekord erreicht mit fast 190 Milliarden US-Dollar (177,29 Mrd. Euro) In diesem Jahr soll der Wert auf mehr als 200 Milliarden US-Dollar steigen.
Trotz des Drucks westlicher Sanktionen gegen Russland nehme der Handel zu, betonte Putin. Er informierte auch darüber, dass praktisch alle Voraussetzungen vorlägen für eine neue Gaspipeline über die Mongolei nach China. Durch sie sollen künftig 50 Milliarden Kubikmeter Gas fließen. Der Kremlchef sagte außerdem, dass Russland bereit sei zur Lieferung von Agrarprodukten an China. Ausgeweitet werden sollen laut Putin auch Zahlungen für Waren in der chinesischen Währung Yuan und in Rubel. Dazu seien auch die Staaten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zunehmend bereit. Russland verfolgt diese Strategie, um den US-Dollar als Währung zu schwächen.
In einer gemeinsamen Erklärung betonten Russland und China, dass die Beziehungen "den höchsten Stand der Geschichte" erricht hätten. Unter anderem wurde auch eine engere Zusammenarbeit im militärischen Bereich einschließlich regelmäßiger Luft- und Seeübungen vereinbart. Man gehe aber keine militärisch-politische Allianz ein, hieß es offenbar mit Blick auf die chinesischen Bemühungen, westliche Sanktionen im Ukraine-Krieg zu vermeiden. Moskau und Peking vereinbarten auch, die Unterstützung von zentralasiatischen Staaten zu verstärken, um dort pro-westliche "Farbenrevolutionen" zu verhindern. Die Erklärung enthielt auch eine Absage an den Einsatz von Atomwaffen. Demnach könne es in einem Atomkrieg keinen Sieger geben, weswegen er auch niemals begonnen werden dürfe.
In der Erklärung forderten die beiden Staaten auch eine objektive Aufklärung der Explosionen an den Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2. Sie sprachen sich gegen eine Vorherrschaft der USA und für eine multipolare Weltordnung aus. Zugleich riefen sie die USA zum Verzicht auf ein globales Raketenabwehrsystem auf. Unterlassen solle Washington demnach auch Schritte für eine Destabilisierung der strategischen Sicherheit in der Welt, hieß es weiter. So sollten Atommächte auch ihre Nuklearwaffen nicht in Drittstaaten stationieren. Russland hatte immer wieder einen Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland gefordert.
Obwohl gegen den Kremlchef seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl besteht, wurde er gemeinsam mit mit dem russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin von Xi zum Gegenbesuch nach China eingeladen. China und Russland erkennen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) nicht an. Xi forderte regelmäßige Treffen der chinesischen und russischen Regierungschefs. Er wolle "die Zusammenarbeit und die Abstimmung" zwischen beiden Ländern verstärken.
Xi war am Montag in Moskau eingetroffen. Es ist seine erste Auslandsreise seit Beginn seiner dritten Amtszeit Anfang des Monats - und die erste Reise Xis nach Russland seit vier Jahren. In einem in Russland vor dem Moskau-Besuch veröffentlichten Artikel für die staatliche Tageszeitung "Rossiiskaja Gaseta" schrieb Xi, beide Länder seien dem Konzept der "ewigen Freundschaft und einer gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit" verbunden.
Nato warnt vor Waffenlieferungen
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte China indes vor Waffenlieferungen an Russland. Ein solcher Schritt würde bedeuten, einen illegalen Krieg zu unterstützen und diesen zu verlängern, sagte der Norweger am Dienstag in Brüssel. Man habe bisher keine Beweise dafür gesehen, dass China Russland Waffen liefere, es gebe aber Hinweise darauf, dass Russland Waffen angefragt habe und Peking einen solchen Schritt in Erwägung ziehe. Xis Moskau-Besuch bezeichnete Stoltenberg als Zeichen für eine immer enger werdende Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen Russland und China. Er erinnerte daran, dass Russlands Präsident Wladimir Putin und Xi sich auch kurz vor Beginn des Krieges getroffen und eine "grenzenlose" Partnerschaft beschworen hatten.
Die ukrainische Führung forderte Chinas Präsidenten unterdessen auf, auch mit ihr Gespräche zu führen. "Ich weiß es nicht, wir warten auf eine Bestätigung", sagt die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk auf die Frage, wann ein Telefonat stattfinden solle. Das Telefonat sei wichtig, sagt sie der Zeitung "Corriere della Sera". "Beide haben sich etwas zu sagen."