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Der Ex-Präsident, der Pornostar und die Wut

Von Klaus Huhold

Politik

Donald Trump wird angeklagt. Doch der Kampf gegen die Gerichte und das System - ist längst Teil seines Wahlkampfes.


Es werden Bilder, die enorme politische Sprengkraft bergen: Voraussichtlich kommende Woche muss Donald Trump vor einem Gericht in Manhattan erscheinen, weil Anklage gegen ihn aufgrund der Zahlung von Schweigegeld an den Pornostar Stormy Daniels erhoben wird. Dabei werden Beamte dem Ex-Präsidenten seine Fingerabdrücke abnehmen und - wie bei jedem Tatverdächtigen - ein Polizeifoto von ihm schießen.

Auch wenn das Gericht versuchen wird, den Vorgang möglichst dezent und geräuschfrei über die Bühne zu bringen -im Falle von Trump ist das unmöglich. Unzählige Reporter und Fotografen werden sich vor dem Gerichtsgebäude versammeln, Trump selbst hat seine Anhänger zu Protesten aufgerufen - und der Ex-Reality-TV-Star weiß um die Macht der Bilder. Für seine Getreuen wird die Vorführung Trumps die Botschaft vermitteln, dass ihr Held Opfer der Verschwörung eines "tiefen Staates", einer politischen Intrige ist. Trump - der nun der erste Ex-Präsident der USA ist, der angeklagt wird - befeuerte mit seiner Reaktion auf die Anklage auch diese Sicht der Dinge: "Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte", wetterte er.

Die USA sind laut Trump nun ein "Dritte-Welt-Land"

Nach welchen Gesetzesparagrafen Trump konkret angeklagt wird, hatte die New Yorker Staatsanwaltschaft am Freitag noch nicht bekannt gegeben. Hintergrund ist aber Trumps pikante Bekanntschaft Stormy Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt. Die Pornodarstellerin gibt an, nach einem Golfturnier 2006, also wenige Monate nach der Geburt von Trumps jüngsten Sohn Barron, Sex mit Trump gehabt und auch nachher noch in Kontakt mit ihm gewesen zu sein. Trumps früherer Anwalt Michael Cohen hat mittlerweile gestanden, Daniels 150.000 Dollar gegeben zu haben, damit sie vor der Präsidentschaftswahl 2016 über diese Affäre schweigt. Das Geld bekam er später von der Trump Organization zurück. Trump streitet die Zahlung nicht einmal ab, meint aber, diese sei erfolgt, um die falschen Anschuldigungen zu stoppen. Auf alle Fälle droht hier der Tatbestand der illegalen Wahlkampffinanzierung erfüllt zu sein.

Die jetzige Anklage könnte aber erst den Anfang für Trump sein: Dem 76-Jährigen drohen noch weitere Begegnungen mit dem Gericht - etwa wegen des Versuchs der Wahlmanipulation in Georgia bei der Präsidentschaftswahl 2020 oder wegen des Sturms auf Kapitol seiner Anhänger im Jänner 2021.

Es ist damit absehbar, dass Trumps Auseinandersetzung mit der Justiz die Kampagne für die Präsidentschaftswahl 2024, bei der Trump für die Republikaner erneut antreten will, überschatten wird. Solche Verfahren können sich über Monate, wenn nicht Jahre ziehen. Und auch als Vorbestrafter darf Trump antreten - außer er wird wegen des Sturms auf das Kapitol wegen Aufruhrs gegen die Regierung verurteilt.

Trump hat seinen Kampf mit den Gerichten auch längst zum Teil seines Wahlkampfes gemacht. Mit immer neuen Tiraden brandmarkt er die Gerichte als Teil eines von den Washingtoner Eliten gelenkten Staates, der unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden den aufrechten US-Bürgern ihre Freiheit rauben will. So bezeichnete er die Anklage gegen seine Person als Angriff auf das ganze Land. Die USA seien jetzt ein "Dritte-Welt-Land", eine Nation im Niedergang.

Mit derartigen Aussagen facht Trump die Untergangsfantasien und die Wut seiner Anhänger an, die er immer weiter steigert. Gleichzeitig stilisiert er sich selbst und seine Anhänger zu Erlösern. Dass Land sei dem Untergang geweiht, "wenn wir die nächste Wahl 2024 nicht gewinnen", verkündete Trump beim Auftakt seiner Kampagne in Texas.

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Das zieht bei der republikanischen Basis. Bei Umfragen zum Vorwahlkampf liegt Trump mit rund 45 Prozent Zustimmung an der Spitze. So kann es sich kein Republikaner leisten, offen gegen Trump aufzutreten. Während die Demokraten dazu aufriefen, die Gerichte ihre Arbeit machen zu lassen, sprachen fast sämtliche Republikaner von einer "Hexenjagd" und einer "Instrumentalisierung der Justiz". Auch der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, der als potenziell gefährlichster parteiinterner Rivale Trumps für die Präsidentschaftskandidatur gilt, bläst in dasselbe Horn und bezeichnet die Anklage als "unamerikanisch".

Auch er muss Trump in dieser Schlacht beistehen - sonst vergrault er dessen Hardcore-Anhänger, die er noch braucht, sollte er sich als Präsidentschaftskandidat der Republikaner durchsetzen. De Santis, den Umfragen bei 30 Prozent sehen, kann aber darauf spekulieren, dass er am Ende des Vorwahlkampfes vor Trump liegt, weil er zwar ebenfalls stramm rechts ist, aber mehr Stabilität verspricht.

Trump hat jedenfalls den Ton für seine Kampagne gesetzt. Nach den Wahlen - Trump erkennt ja seine Niederlage 2020 weiterhin nicht an - greift er nun mit den Gerichten eine weitere Grundlage der US-Demokratie an. Damit setzt er das Land einer weiteren Zerreißprobe aus.