US-Ermittler haben offenbar die undichte Stelle des massiven Geheimdienst-Datenlecks gefunden. Die Bundespolizei FBI nahm im Bundesstaat Massachusetts am Donnerstag einen 21-jährigen Mitarbeiter des US-Militärs fest. Der Mann sei in Verbindung mit der "unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen" in Gewahrsam genommen worden, sagte US-Justizminister Merrick Garland in Washington. Er sei Angehöriger der Nationalgarde und heiße Jack T.
Garland erklärte, der Festgenommene müsse nun vor einem Gericht in Massachusetts erscheinen. Verstöße gegen das US-Spionagegesetz können je mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden.
US-Medien hatten zuvor erste Details über den mutmaßlichen Maulwurf in Umlauf gebracht. Der Mann soll eine Chat-Gruppe auf der bei Videospielern beliebten Plattform Discord geleitet haben. Er habe die brisanten Unterlagen zunächst als Abschriften mit der Gruppe geteilt und dort später Fotos von ausgedruckten Dokumenten hochgeladen.. Der "New York Times" zufolge war Jack T. der Leiter einer Online-Chatgruppe mit dem Namen Thug Shaker Central, in der 20 bis 30 Personen sich über Waffen, rassistische Memes und Computerspiele austauschten. Dort sollen die Dokumente zuerst verbreitet worden sein. Die Zeitung berief sich auf Interviews und Dokumente, die sie geprüft habe.
Festnahme ohne Zwischenfälle
Schon seit Wochen kursieren im Internet geheime Dokumente von US-Stellen - angeblich vom Nachrichtendienst CIA und vom Pentagon - zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Informationen zu Waffenlieferungen, Einschätzungen zum Kriegsgeschehen, aber auch Details zu angeblichen Spähaktionen der USA gegen Partner. Unklar ist, was davon authentisch ist und was möglicherweise bearbeitet worden sein könnte. Ein Sprecher des Pentagon bezeichnete die Veröffentlichung von Verschlusssachen als "vorsätzlich kriminelle Handlung".
Die Festnahme des 21-Jährigen durch das FBI erfolgte vor einem Wohnhaus in North Dighton, einem Ort zwischen Boston und Providence im Osten der USA. Der TV-Sender CNN zeigte Videoaufnahmen von der Festnahme. Dort war zu sehen, wie schwerbewaffnete Einsatzkräfte einen jungen, schlanken Mann in T-Shirt und kurzer Hose abführten. Die Festnahme sei ohne Zwischenfälle erfolgt und die Polizei führe weiter Ermittlungen in dem Haus durch, teilte das FBI mit. Seit Ende vergangener Woche seien die Ermittlungen intensiv vorangetrieben worden.
US-Medien hatten kurz vor Ostern erstmals über das Leck berichtet, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erfuhr nach eigenen Angaben erst zu diesem Zeitpunkt, also erst etwa vor einer Woche, von dem Datenleck - obwohl das Material da schon wochenlang im Netz umherging. Danach rotierte die Regierung, um Partner zu besänftigen und vor allem, um die undichte Stelle zu finden. Das Justizministerium leitete Ermittlungen ein, die nun zu der Festnahme führten. Austin bedankte sich bei den Ermittlern
Die "Washington Post" legte kurz vor der Festnahme bereits umfangreiche Details über den mutmaßlichen Maulwurf offen, den manche "OG" nannten. In dessen Chat-Gruppe hätten sich rund zwei Dutzend junge Leute mit Vorliebe für Waffen und Militärausrüstung zusammengeschlossen. Die Runde habe sich 2020 während der Corona-Pandemie gegründet. "OG" wurde dort beschrieben als charismatischer Waffennarr mit düsteren Ansichten über die US-Regierung, die Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden.
Über die Motivation gibt es noch kein klares Bild, auch der Justizminister nannte keine Details. Feindselig gegenüber der US-Regierung sei "OG" trotz seiner düsteren Ansichten nicht gewesen, schrieb die "Washington Post" unter Berufung auf Menschen aus seinem Umfeld. Er sei nach Überzeugung der Chat-Nutzer auch kein russischer oder ukrainischer Agent gewesen. (apa, dpa, reuters)