Peking. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Peking China offen vor einem militärischen Konflikt mit Taiwan gewarnt. Dies wäre ein "Horrorszenario", sagte Baerbock am Freitag nach einem Treffen mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang. "Eine Destabilisierung hätte Folgen für alle Länder, die Weltwirtschaft und auch für Deutschland."

Baerbocks Besuch war nach der China-Reise von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vergangene Woche mit Spannung erwartet worden. Macron hatte ebenfalls China aufgefordert, Russland zu einem Ende des Kriegs gegen die Ukraine zu bewegen. Er hatte aber auch die EU aufgefordert, ihre Abhängigkeit von den USA zu verringern, und davor gewarnt, in eine Krise um Taiwan hineingezogen zu werden.

"Keine Waffen
in Krisengebiete"

Baerbock und Qin betonten zwar den Wunsch zur Zusammenarbeit, aber auch die Differenzen. So äußerte sich Baerbock enttäuscht, dass Chinas Führung bisher nicht Russland als einzigen Aggressor im Ukraine-Krieg genannt habe. Peking müsse mehr Druck auf Moskau ausüben, um den Krieg zu beenden. Ähnlich äußerte sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Qin sagte nach dem Treffen mit Baerbock nur zu, dass China keine Waffen in Krisengebiete liefern wolle. Der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu wird am Sonntag zu Gesprächen nach Russland reisen.

Baerbock betonte zwar die Ein-China-Politik Deutschlands. Aber eine Wiedervereinigung Chinas mit Taiwan mit Gewalt sei für Europa nicht akzeptabel, sagte Baerbock. Anders als Macron unterstrich sie, dass der Konflikt in Ostasien auch die Europäer trotz der großen geografischen Entfernung angehe.

Qin warf dagegen nicht weiter genannten ausländischen Regierungen vor, Separatisten in Taiwan zu unterstützen, das Teil Chinas sei. Die Spannungen in den vergangenen Jahren seien dadurch entstanden. Die Regierung in Peking dulde keine Einmischung in innere Angelegenheiten. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und Teil der Volksrepublik und hat eine gewaltsame Vereinigung nicht ausgeschlossen.

China regt Visite Baerbocks
in Xinjiang an

Baerbock pochte zudem auf die Universalität der Menschenrechte und kritisierte Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang. Qin betonte, dass China bei den Menschenrechten seinen eigenen Weg gehe. Er lud Baerbock ein, nach Xinjiang zu reisen.

Auch die Wirtschaftsbeziehungen wurden beim Besuch Baerbocks angesprochen. Sie betonte, dass es zwar keine Entkoppelung von China geben solle, aber sehr wohl einen Abbau der Risiken. Hintergrund ist die hohe Abhängigkeit deutscher Unternehmen etwa von einigen Rohstofflieferungen aus China. Baerbock forderte gleiche Wettbewerbsbedingungen für deutsche Firmen.

Qin Gang hob die Bedeutung der Beziehungen zur Bundesrepublik hervor, fügte aber hinzu: "Was China am wenigsten braucht, sind Lehrmeister aus dem Westen."