US-Präsident Joe Biden hat nach der Festnahme im Datenleck-Skandal Militär und Geheimdienste angewiesen, zusätzliche Maßnahmen zum Schutz sensibler Informationen zu ergreifen. Die Verbreitung von Informationen über die nationale Verteidigung solle weiter eingeschränkt werden, kündigte Biden am Freitag an. Man sei noch dabei, den inhaltlichen Wert der im Internet veröffentlichten Geheimdokumente zu ermitteln. Dabei stimmten sich die USA eng mit Partnern und Verbündeten ab.
Schon seit Wochen kursieren im Internet Dutzende geheime Dokumente von US-Stellen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Informationen zu Waffenlieferungen, Einschätzungen zum Kriegsgeschehen, aber auch Details zu angeblichen Spähaktionen der USA gegen Partner. Veröffentlicht hatte die brisanten Papiere ein 21 Jahre alter Angehöriger des US-Militärs, der die Dokumente zunächst in einem geschlossenen Chat-Raum geteilt hatte. Von dort aus wurden sie im Internet weitergereicht, bis auch Behörden und Medien aufmerksam wurden.
Lange Haftstrafe droht
Nach seiner Festnahme erschein der junge Mann am Freitiag erstmals vor Gericht. Der Sender CNN berichtete, der Angehörige der Nationalgarde aus dem Bundesstaat Massachusetts sei am Freitag in Boston einem Richter vorgeführt worden. Die Bundespolizei FBI hatte den Mann namens Jack T. am Donnerstag festgenommen. Er sei in Verbindung mit der "unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen" in Gewahrsam genommen worden, sagte US-Justizminister Merrick Garland. Bei einer Anklage und einer späteren Verurteilung könnte ihm eine lange Haftstrafe drohen.
Aus den Gerichtsunterlagen geht auch hervor, dass die Ermittler den Verdächtigen mithilfe von Rechnungen einer Internetplattform identifizieren konnten.
Eine kleine verschworene Gemeinschaft
US-Medien hatten am Donnerstag erste Details über den mutmaßlichen Maulwurf in Umlauf gebracht. Der Mann soll eine Chat-Gruppe auf der bei Videospielern beliebten Plattform Discord geleitet haben. Er hatte die brisanten Unterlagen zunächst als Abschriften mit der Gruppe geteilt und dort später Fotos von ausgedruckten Dokumenten hochgeladen. Der "New York Times" zufolge war Jack T. der Leiter einer Online-Chatgruppe mit dem Namen Thug Shaker Central, in der 20 bis 30 Personen sich über Waffen, rassistische Memes und Computerspiele austauschten.
Laut der "Washington Post", die sich auf mehrere Stunden dauerende Interviews mit zwei Mitgliedern der Chat-Gruppe beruft, war der junge Mann mit dem Pseudonym OG" nicht nur der unbestrittene Anführer, sondern für viele der teils noch im Teenager-Alter befindlichen jungen Männer so etwas wie eine Vaterfigur. Diese Rolle in der Gruppe dürfte T. wohl auch ein Teil der Motivation gewesen sein, die Dokumente weiterzugeben. Laut der "Washington Post" hatte der junge Mann die anderen Chat-Mitglieder, die in der Gruppe auch nach Halt und Orientierung in einer immer schwieriger zu begreifenden Welt gesucht haben, immer wieder über weltpolitische Ereignisse unterrichtet. Sein Insiderwissen hatte er dabei dazu genutzt, um besonders kenntnisreich und überlegen, aber gleichzeitig auch fürsorglich zu erscheinen. "Er ist kein russischer Agent. Er ist kein ukrainischer Agent", sagte eines der Gruppenmitglieder gegenüber der "Washington Post". "Er wollte uns auf dem Laufenden halten."