Die Hoffnung auf eine Feuerpause zerschlug sich am Dienstagabend, noch bevor diese beginnen konnte. Trotz internationaler Appelle gehen die Kämpfe im Sudan unentwegt weiter. In dem nordostafrikanischen Land liefern sich Einheiten der Armee und der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF) seit Samstag erbitterte Kämpfe. Zuvor war die Eingliederung der RSF in die Armee gescheitert. Am Mittwoch waren RSF-Kämpfer auf gepanzerten Fahrzeugen und schweren Waffen in Khartum zu sehen. Armee-Kampfflugzeuge wiederum überflogen die Stadt und feuerten auf RSF-Stellungen, wie Augenzeugen berichteten.
Die Intensität der Luftangriffe nahm in den frühen Morgenstunden sogar weiter zu. Laute Explosionen und heftige Gefechte waren in der Hauptstadt zu hören. Am Mittwoch flohen tausende Menschen aus der Khartum, mehrere Länder begannen mit Planungen, ihre Mitarbeiter aus dem Land in Sicherheit zu bringen. Angesichts der Kämpfe ist dies aber schwierig.
Notlage für Zivilisten
Für die in ihren Wohnungen festsitzenden Zivilisten wurde die Lage zunehmend hoffnungslos: Die Nahrungsmittelvorräte schwinden, der Strom fällt aus, Trinkwasser fehlt. Die Aussicht auf eine Evakuierung der Menschen am Dienstag war dahin, nachdem die humanitäre Feuerpause nur Minuten nach ihrem Inkrafttreten wieder gebrochen worden war.
Viele Bewohner Khartums nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand und flüchteten in Autos oder zu Fuß aus der Stadt, darunter viele Frauen und Kinder. Sie berichteten, die Straßen der Stadt seien mit Leichen übersät.
39 der insgesamt 59 Krankenhäuser und Kliniken der Hauptstadt waren wegen der anhaltenden Kämpfe außer Betrieb, wie das sudanesische Ärztekomitee am Mittwoch mitteilte. Einige Krankenhäuser seien bombardiert, angegriffen und geplündert worden, hieß es.
Das Komitee forderte eine "dringende Intervention" zum Schutz des medizinischen Personals und der Patienten. In den vergangenen Tagen waren bereits Menschen aus Krankenhäusern evakuiert worden. Viele Einrichtungen hätten weder Strom, Medikamente noch Trinkwasser oder Nahrungsmittel, sagte das Komitee. Auch Kinderkrankenhäuser seien betroffen.
Heikle Evakuierungen
Regierungen anderer Länder begannen mit Planungen, ihre Mitarbeiter aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen. Tausende Ausländer sind noch vor Ort, darunter viele UNO-Mitarbeiter. Japan gab am Mittwoch bekannt, dass sein Verteidigungsministerium mit den "nötigen Vorbereitungen" begonnen habe, um etwa 60 Japaner aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen, darunter auch Mitarbeiter der Botschaft. Eine von Deutschland geplante Evakuierung seiner Staatsbürger wurde wegen der Sicherheitslage zunächst abgebrochen.
Österreich plant derzeit keine Evakuierung seiner Staatsbürger. Aus dem Außenministerium in Wien hieß es am Mittwoch auf Anfrage, aufgrund der Sicherheitssituation könne man den Leuten nur raten, dringend an einem sicheren Ort zu bleiben.
Rund 45 Österreicherinnen und Österreicher befinden sich laut Informationen des Außenministeriums derzeit im Sudan, die meisten davon sind Auslandsösterreicher und deren Angehörige.
Seit Ausbruch der Kämpfe kamen laut den Vereinten Nationen 270 Menschen ums Leben, 2.600 wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weit höher liegen. Viele Verletzte schaffen es wegen der Gefechte nicht in ein Krankenhaus. Auch EU-Mitarbeiter sind laut Angaben der jeweiligen Behörden bereits verletzt worden. Der Leiter des Büros der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz etwa sei angeschossen worden, hieß es am Mittwoch.(afp/reuters/apa)