Kurz vor der Wahl in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, auch im Fall einer Niederlage das Ergebnis der Abstimmung zu akzeptieren. "In der Türkei kommen wir mit demokratischen Mitteln an die Macht", sagte er am Freitagabend in Istanbul. Wenn sich die Nation am Sonntag gegen ihn entscheide, werde er tun, "was die Demokratie erfordert".
Er gehe jedoch davon aus, dass er für eine weitere Amtszeit gewählt und mit seinem Bündnis auch die Mehrheit im Parlament mit seinen 600 Abgeordneten erringen werde, sagte Erdogan weiter. Die Allianz aus Erdogans islamisch-konservativer AKP, der ultranationalistischen MHP sowie kleineren rechten und islamistischen Parteien werde "jedes Ergebnis aus den Wahlurnen respektieren", fügte er hinzu.
Kilicdaroglu laut der meisten Umfragen vorne
Am Sonntag wird in der Türkei gewählt. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu liegt in den meisten Umfragen vorne, es zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf Rennen ab. Beobachter befürchten, dass Erdogan bei einem knappen Wahlausgang versuchen könnte, das Ergebnis anzufechten. So hatte seine Partei etwa 2019 das Resultat der Istanbuler Bürgermeisterwahl nach einem Sieg der Opposition annullieren lassen.
Erdogan ist seit 2014 Präsident und hat seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 so viel Macht wie nie zuvor. Er kann weitgehend am Parlament vorbei regieren. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte Erdogan erneut gewinnen. Die Opposition will zum parlamentarischen System zurückkehren.
Erdogan warnt vor "hohem Preis" bei Oppositions-Sieg
Am Freitag hatte Erdogan gläubige Anhänger vor Repressalien gewarnt, sollte Kilicdaroglu an die Macht kommen. "Ihr werdet einen hohen Preis zahlen, wenn wir verlieren", sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung in einem konservativen Istanbuler Stadtteil vor einer fahnenschwenkenden Menge.
Kilicdaroglu kündigte unterdessen bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ankara an, "Demokratie" und "Frieden" in die Türkei bringen zu wollen. Erdogan warnte, das Oppositionsbündnis Kilicdaroglus sei von "Rache und Gier" getrieben. Dem Westen warf der Präsident vor, die Opposition zu instrumentalisieren, um der türkischen Gesellschaft seinen Willen aufzuzwingen.
(apa)