Symbolträchtiger könnte der Ort des G7-Gipfels nicht sein. Gastgeber Japan hat die Staats- und Regierungschefs der anderen großen Industrienationen (USA, Kanada, Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien) ausgerechnet nach Hiroshima eingeladen. Auf dem Programm steht bei dem dreitägigen Gipfel, der am Freitag beginnt, auch ein Besuch des dortigen Friedensmuseums, das an den ersten Atombombenangriff der Geschichte 1945 durch die USA erinnert.

All das geschieht vor dem Hintergrund erneuter atomarer Drohungen, die nun Russland im Zuge seines Angriffskriegs gegen die Ukraine ausstößt. Doch die westlichen Staaten haben sich entschlossen, nicht gegenüber den Drohgebärden von Russlands Präsidenten Wladimir Putin einzuknicken. Ganz im Gegenteil, sie haben die Ukraine vor deren Frühjahrsoffensive noch einmal mit Waffen unterstützt.

Der Umgang mit Russland - mit dem Gastgeber Japan nach wie vor einen Gebietsstreit um die Inselgruppen der Kurilen ausficht - wird freilich auch ein bestimmendes Thema bei dem Gipfel sein. "Die Kosten für Russland und alle diejenigen, die Kriegsanstrengungen unterstützen, werden erhöht", verkündete ein Vertreter der der deutschen Bundesregierung. Im Vorfeld wurde demnach diskutiert, wie die Umgehung von Sanktionen - etwa durch die Lieferung militärisch nutzbarer Güter über Drittstaaten - fortan verhindert werden kann.

Ende des russischen Gases

Und auch das Thema Gas wollen die G7 offenbar noch einmal bearbeiten: Einem Bericht der "Financial Times" zufolge wollen die G7 und die EU Gaslieferungen über wichtige Pipelines von Russland in die EU verbieten. Das Importverbot soll demnach für Routen gelten, über die Moskau bereits die Gaslieferungen in die EU eingestellt hat.

Damit würde dieser Schritt selbst für Länder wie Deutschland und Österreich, die sich in eine große Abhängigkeit von russischem Gas begeben haben, wenig ändern. Es wäre aber ein deutliches Zeichen, dass Europa nicht mehr zum billigen russischen Gas zurückkehren will. Das soll wiederum zaudernde Investoren ermutigen, in den Ausbau von grünen Technologien zu vertrauen.

Die USA wollen aber noch viel weiter gehen und ein generelles Exportverbot für Russland beschließen. Inwieweit dabei aber vor allem die europäischen Staaten mitziehen wollen, ist fraglich. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat bereits angedeutet, dass diese Idee für ihn zu weit geht.

Noch viel komplizierter dürften aber die Diskussionen zu China sein - dem zweiten großen Thema beim Gipfel. Angesichts wachsender militärischen Rivalität haben die USA auch im Wirtschaftsbereich einen aggressiven Kurs gegenüber China eingeschlagen. Washington will China von Lieferungen weit entwickelter Computerchips und Technik zu ihrer Herstellung abschneiden.

Europäische Abhängigkeiten

Peking hatte im April bereits erzürnt auf eine Erklärung der G7-Außenminister reagiert, in der China "expansive Ansprüche" im Südchinesischen Meer vorgeworfen wurden. Damals wurde auch betont, dass es "keine Veränderung" der G7-Haltung in der Frage des Umgangs mit Taiwan gebe. China sieht die demokratisch regierte Insel als abtrünniges Gebiet an und schließt ein militärisches Vorgehen nicht aus. Die G7-Klarstellung war notwendig, weil Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Peking-Besuch gesagt hatte, die Europäer sollten Krisen vermeiden, "die nicht die unseren sind" - wofür er dann auch innerhalb Europas heftig kritisiert wurde.

Dies zeigt, dass die Interessen der G7 hier nicht immer deckungsgleich sind. Die engen Wirtschaftsverflechtungen mit dem Reich der Mitte sind für viele europäische Staaten wichtig. Und die Corona-Pandemie hat bereits gezeigt, wie abhängig Teile der europäischen Industrie von den Lieferketten und Rohstoffen aus China sind.

"Diversifizierung ja, Abkoppelung nein", heißt die Devise, die sich aus Sicht Deutschlands so oder ähnlich in der Gipfel-Erklärung wiederfinden sollte. Berlin zeigt sich auch zuversichtlich, dass die USA mit so einem Standpunkt einverstanden sind. Im Vorfeld hörte es sich aber eher so an, dass die USA ihre Verbündeten zu einer härteren Linie gegen China auffordern werden.(klh/apa)